Artikel erschienen am 22.02.2018
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Wenn das Kniegelenk schmerzt

Was ist wann zu tun?

Von Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller, Braunschweig

Das Kniegelenk ist ein sehr komplexes Gelenk, damit aber auch mit zunehmendem Lebensalter ein sehr anfälliges Gelenk. Überwiegen im jüngeren Alter Verletzungen und überlastungsbedingte Schäden meist durch Sportunfälle, so dominiert im Alltag der zunehmende Verschleiß der Strukturen.

Außenmeniskusschaden

Häufig beschädigte Strukturen im Kniegelenk sind die Menisken (knorpelige Unterlegscheiben, die der Lastverteilung dienen), die Bänder (hier vornehmlich das vordere Kreuzband) und der Knorpel. Sind im jüngeren Alter die Meniskusschäden eher unfallbedingt, so führt zunehmendes Alter zum Verschleiß des Meniskus (30. Lebensjahr), sodass dann irgendwann auch ohne von außen einwirkenden Impuls Schädigungen im Kniegelenk auftreten (Abb. 1: Außenmeniskusschaden).

Eine Meniskusschädigung äußert sich durch akut auftretenden Schmerz und durch eine wechselnde Beschwerdesymptomatik, d. h. der Schmerz ist eindeutig von der Lage des Meniskus abhängig. Ist der Meniskus gerissen und verlagert sich im Knie, führt dies zu Schmerzen. Ist er gerissen und liegt an der Stelle, wo er hingehört, sind häufig keine Schmerzen damit verbunden.

Therapie

Die Therapie richtet sich nach dem Grund des Verschleißes und nach der Rissform. Im jüngeren Alter sind Meniskusnähte durchführbar, im zunehmenden Alter werden die geschädigten Meniskusanteile entfernt.

Die Kreuzbandschädigung ist nahezu ausschließlich durch Unfälle bedingt. Das Kreuzband sollte in Abhängigkeit vom Alter und von den sportlichen Ambitionen des Patienten rekonstruiert werden. Es muss nicht zwingend jedes gerissene vordere Kreuzband rekonstruiert werden. Es ist aber bekannt, dass, wenn man weiterhin sportlich aktiv ist und das Kreuzband nicht ersetzt wird, es dann aufgrund der Scherkräfte zu einer Meniskusschädigung und einem zunehmenden Knorpelschaden kommen kann. Deswegen ist im Einzelfall zu überprüfen, ob eine vordere Kreuzbandplastik sinnvoll ist. Hierzu gibt es mittlerweile sehr moderne, rein minimal-invasiv, sprich per Gekenkspiegelung, mögliche Operationsverfahren, die mit relativ kurzer Rekon­valeszenzphase eine Versorgung des vorderen Kreuzbandes ermöglichen (Kreuzbandersatzplastik).

Knorpeltherapieverfahren

Knorpeltherapieverfahren

Von großer Bedeutung ist die Behandlung der Knorpelschäden. Hier gilt, dass im jüngeren Alter auftretende kleinere Knorpelschäden, sofern sie erkannt werden, frühzeitig mit verschiedenen Knorpeltherapieverfahren behandelt gehören (Abb. 2: Knorpeltherapieverfahren am Beispiel der Mikrofrakturierung a) vorher b) in der OP). Es gibt entweder die Methode der Mikrofrakturierung, die Methode der Knorpel-Knochen-Stanzzylinder-Verlagerung oder die eleganteste Methode, die Knorpelzell-Transplantation, mit der man versucht, den Defekt wieder komplett zu beheben und normalen Knorpel an die geschädigte Stelle zu be­kommen. Mit zunehmendem Verschleiß und zunehmendem Alter ist dies häufig nicht mehr möglich. Hier sind verschiedene Verfahren zu überdenken und individuell abzuwägen, die entweder gelenkerhaltend, oder gelenkersetzend sind. Gelenkerhaltend ist z. B. bei vorliegendem X- oder O-Bein eine Korrektur des Beines in Richtung der nicht betroffenen gesunden Knieseite, sprich, wenn auch an der Innenseite eine Arthrose vorliegt und außen der Knorpel noch gesund ist, hat man üblicherweise ein O-Bein, wenn man dies in Richtung X-Bein korrigiert, kann man hierdurch, möglicherweise auch in Verbindung mit einer Knorpeltherapie, eine Endoprothese noch lange herausschieben.

Die fortgeschrittene Arthrose

Kniegelenksprothese

Ist der Leidensdruck hoch, die Arthrose massiv ausgeprägt, dann reichen die vorher beschriebenen Maßnahmen nicht mehr, dann muss man in Abhängigkeit vom Röntgenbefund und vom Leidensdruck des Patienten – und dieser ist maßgeblich bei der Entscheidung – überlegen, ob man eine Teil- oder eine Vollprothese einzubauen hat. Hierbei spielt die Lage der Arthrose eine wesentliche Rolle. Ist nur die Innenseite des Kniegelenkes betroffen, und dies ist durchaus häufig der Fall, dann ist es oftmals möglich, bei erhaltenen Bändern eine Teilprothese – sprich eine Schlittenprothese – einzubauen, die mit einem deutlich kleinerem Eingriff schneller zu einer hohen Zufriedenheit führt. Liegt jedoch eine viele Bereiche des Kniegelenkes betreffende Arthrose vor, so reicht eine Teilprothese nicht mehr und man muss eine Vollprothese einbauen. Die Knieendoprothetik hat derzeit noch das Problem, dass man mit einem künstlichen Kniegelenk nur etwa 80 % der Patienten voll zufriedenstellt, 20 % sind auch nach Einbau der Knieprothese nicht zu 100 % zufrieden, da sie entweder Restbeschwerden oder Restbewegungseinschränkungen haben. Aus diesem Grunde ist die Entwicklung moderner Knieprothesen noch in vollem Gange und es werden immer wieder kleine Veränderungen an den Prothesen vorgenommen, die durchaus zu einer Verbesserung des Ergebnisses führen. (Abb. 3: Röntgenbilder moderne Knieprothese a) vor OP, b) nach OP). Auch die OP-Technik ist hier von großer Bedeutung, so dass auch hier die Erfahrung des Operateurs einen sehr hohen Stellenwert hat. Während man bei der Hüftprothese nicht zwingend neue Implantate braucht, ist bei der Knieendoprothetik auf neue Implantate doch durchaus noch Acht zu geben.

Bei der Knieendoprothetik spielt die Erfahrung des Operateurs eine sehr große Rolle, dies ist anhand der Literatur klar zu belegen, sodass man auch hier eine spezialisierte Klinik oder gar ein Endoprothetik-Zentrum aufsuchen sollte, um Strukturen, Prozesse und Erfahrungen nutzen zu können, die mit statistisch größerer Wahrscheinlichkeit zu einem guten Ergebnis führen.

Rehabilitation

Nach der Operation, sprich nach der Knieprothese, ist die Rehabilitation von großer Bedeutung. Es wird heutzutage am OP-Tag bereits mit der Physiotherapie begonnen, um dann nach dem stationären Aufenthalt, der maximal eine Woche beträgt, noch einmal drei Wochen zu rehabilitieren.

Fazit

Je früher die Beweglichkeit und Muskelkraft wieder erreicht ist, desto besser ist das operative Ergebnis.

Bilder: HEH

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