Artikel erschienen am 23.01.2018
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Wenn die Schulter Schmerzt

Von Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller, Braunschweig

Das Schultergelenk ist ein sehr komplexes Gelenk, da es eine große Beweglichkeit zulassen muss. Dies bedingt bei einer sehr kleinen Schulterpfanne und einem großen Oberarmkopf eine gewisse Anfälligkeit für bestimmte Erkrankungen.

Bei diesen Erkrankungen kann generell unterschieden werden zwischen den Schädigungen, die das Schultergelenk selber betreffen und Schädigungen, die oberhalb des Schultergelenkes in dem Raum zwischen Schultergelenk stabilisierender Muskulatur und Schulterdach stattfinden. Auf diese möchte ich mich in diesem Artikel beschränken.

Der sog. Subacromialraum liegt zwischen dem knöchernen Schulterdach, dem schulterkonturbildenden Musculus deltoideus und der die Schulter stabilisierenden und führenden Muskelmanschette (Abb. 1: Kreis), der sog. Rotatorenmanschette. Dazwischen liegt ein großer Schleimbeutel, der für die enorme Beweglichkeit der Schulter wichtig ist. Kommt es nun mit zunehmendem Alter zu wiederholt auftretenden Schulterschmerzen, sei es unter Bewegung, sei es nachts beim Liegen, so ist besonderes Augenmerk auf diesen Bereich zu richten. Mit zunehmendem Alter, sprich ab dem 50. Lebensjahr, finden sich deutliche Verschleißveränderungen dieser sog. Rotatorenmanschette, den vier Muskeln, die den Oberarmkopf umgreifen und führen.

Wenn diese Muskeln an Kraft verlieren, kommt es in Bezug auf die Gelenkpfanne relativ zu einem Ansteigen des Oberarmkopfes unter Funktion, was den Raum und den Schulterdacht einengt und häufig zu einer enormen schmerzhaften Entzündung des Schleimbeutels in dieser Region führt. Hier ist zunächst natürlich die Diagnostik gefragt. Ein Röntgenbild und eine Ultraschalluntersuchung sind zunächst zielführend. Reicht dies nicht, kann man eine sog. Kernspintomografie durchführen, mit der man die Weichteilsituation, insbesondere die Beschaffenheit der Muskulatur und den Zustand des Schleimbeutels, hervorragend beurteilen kann. (Abb. 1: typisches Röntgenbild der Schulter). Hiervon ist dann die Therapie abzuleiten. Wenn es sich nicht gerade um einen frischen unfallbedingten Riss dieser Schultermanschette handelt, so wird zunächst konservativ behandelt, spricht nicht operativ.

Es wird Krankengymnastik verordnet, Medikamente (sog. nicht-steroidale Antirheumatika) verabreicht, um die entzündliche Veränderung zu reduzieren, und es werden möglicherweise Spritzen in diesen sog. Subacromialraum gegeben. Dies sollte ausreichend lange durchgeführt werden. Führt dies nicht zum Ziel, ist die weitere Therapie abhängig von dem vorliegenden Schaden. Ist die Muskulatur nur ausgedünnt, so reicht in den allermeisten Fällen eine Spiegelung dieses betroffenen Raumes, im Rahmen derer man den Schleimbeutel entfernt, leichte Knochenvorsprünge, insbesondere an der vorderen Kante des Schulterdaches, entfernt, um somit wieder ein normales und schmerzfreies Gleitverhalten des Schultergelenkes zu ermöglichen.

Liegt eine Schädigung der sog. Rotatorenmanschette vor, so kann man diese auch per Endoskop oder über einen kleinen Schnitt nähen. Dies setzt aber voraus, dass diese Sehne nicht zu stark verschlissen ist, da diese dann nicht mehr nähbar ist. Das primäre Ziel sollte eine Rekon­struktion und gute Beschaffenheit dieser Sehne sein, da nur das langfristig eine Schmerzfreiheit in diesem Zusammenhang ermöglicht. Im Falle einer gravierenden Schädigung der Sehnen kann auch ohne Naht derselben mittelfristig eine Entfernung des Schleimbeutels nebst knöchernen Veränderungen zur Schmerzfreiheit führen. Eine anschließende begleitende Physiotherapie hat einen hohen Stellenwert. Weiter abzuklären sind Erkrankungen des Schultereckgelenkes, insbesondere verschleißbedingter Veränderungen und Erkrankungen des eigentlichen Schultergelenkes, die in einem gesonderten Beitrag erörtert werden.

Bild: HEH

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