Artikel erschienen am 08.01.2025
E-Paper

Das innovative Mitra-Clip-Verfahren im Fokus – schonend und oft ein Segen für Patienten

Moderne Therapieoptionen in der Herzmedizin bei Mitralklappeninsuffizienz

Von Prof. Dr. med. Thomas Wittlinger, Goslar | Dr. Maryam Ayati, Goslar

Foto: Asklepios Harzkliniken GmbH

Eine der Behandlungsmethoden, die in der Harz-Region auf dem Vormarsch sind – das sogenannte Mitra- sowie TrikuspidalClip-Verfahren. Die minimalinvasiven Techniken bieten dabei eine weniger belastende Alternative zur klassischen offenen Herzchirurgie. Diese Verfahren zielen darauf ab, die Invasivität des Eingriffs zu verringern, indem die Herzklappen mittels Herzkatheter über die Leiste repariert werden. Der Eingriff findet unter Vollnarkose statt.

Sie haben sich in den vergangenen Jahren als vielversprechende Optionen erwiesen, insbesondere für Patienten, die aufgrund eines hohen Operationsrisikos für eine offene Herzoperation nicht in Frage kommen. Die minimalinvasive Mitralklappenrekonstruktion umfasst eine Reihe von Techniken, bei denen der Zugang zum Herzen interventionell über die Leistengefäße erfolgt. Diese Methode wird zunehmend als Alternative zur herkömmlichen Sternotomie (Längsdurchtrennung des Brustbeins) eingesetzt. Der interventionelle Zugang erfolgt in der Regel über eine Punktion in die Leiste (genauso wie bei einer Herzkatheter-Untersuchung). Von diesem kleineren Zugang kann man den Clip in dem Herzen, zwischen Mitral- oder Trikuspidalklappen-Segel, einsetzen.

Vorteile dieser Technik

  • Verringerung von postoperativen Schmerzen
  • keine oder nur geringe Wundheilungs- und Infektionsrisiken
  • schnellere Mobilisation
  • eine kürzere Krankenhausverweildauer
  • eine schnellere Erholung

Aber der Reihe nach – zur Einordnung: Weltweit leiden schätzungsweise über 20 Millionen Menschen an einer Herzinsuffizienz, und die meisten haben eine funktionelle Mitralklappeninsuffizienz. Die Mitralklappe ist eine von vier Herzklappen. Sie trennt den linken Vorhof von der linken Herzkammer und dient als Ventil, indem sie dafür sorgt, dass das Blut nur vom Vorhof in die Herzkammer (Ventrikel) fließt und nicht in die Gegenrichtung zurückströmt: Durch sie fließt das sauerstoffreiche Blut aus den Lungen in die linke Herzkammer, um von dort in den Körper gepumpt zu werden.

Die funktionelle Mitralklappeninsuffizienz wird dadurch verursacht, dass sich die Mitralklappe nicht dicht schließt. Dadurch entsteht ein Leck, durch welches Blut immer dann durch die Klappe zurückströmt, wenn sich der linke Ventrikel, die Hauptpumpkammer des Herzens, zusammenzieht. Dies verringert die Menge des sauerstoffhaltigen Blutes, das in den Körper gepumpt wird, und beschleunigt, wenn der Zustand unbehandelt oder unterbehandelt bleibt, die Herzinsuffizienz. Die Folge: Die Lebensqualität wird vermindert. Eine frühe Intervention ist sinnvoll und notwendig, um die Ergebnisse zu verbessern und das Fortschreiten der Herzinsuffizienz zu verlangsamen oder gar zu verhindern. Bei vielen Patienten führt die Behandlung ihrer Herzinsuffizienzsymptome, einschließlich der funktionelle Mitralklappeninsuffizienz, mit einer medikamentösen Therapie nicht zu optimalen Ergebnissen. Nur ein kleiner Prozentsatz der multimorbiden, älteren und bereits herzoperierten Patienten kommt für offene chirurgische Eingriffe in Frage und dabei haben bestehende chirurgische Mitralklappentechniken erhebliche Einschränkungen.

Das minimalinvasive Mitra-Clip-Verfahren im Detail

Zur Therapie einer defekten Mitralklappe kann wie gesagt das sogenannte MitraClip-Verfahren angewendet werden. Über einen kleinen Hautschnitt in der Leiste wird dabei ein dünner Schlauch (Herzkatheter) durch die Leistenvene zum Herzen geführt. Dann erfolgt die Passage der Herzscheidewand, um von der venösen Seite an die Mitralklappe zu gelangen. Über diesen Katheter wird ein kleiner Clip an der undichten Mitralklappe platziert. Er rafft die Segel der Herzklappe zusammen und sorgt so dafür, dass diese wieder richtig schließen kann und ihre notwendige Ventilfunktion erfüllt. Die Steuerung der Katheter und die Platzierung der Clips erfolgt unter Kontrolle durch eine Herzultraschalluntersuchung durch die Speisröhre oder durch die Röntgendurchleuchtung mit der Herzkatheteranlage.

Neben der Cliptechnik existiert noch das sogenannte Carillon-TMVr-System, das in eine Vene an der Außenseite des Herzens neben der Mitralklappe eingesetzt wird. Das Implantat besteht aus zwei Ankern, die durch ein Band verbunden sind. Die Band kann dann unter Herzultraschallkontrolle gespannt und somit können die Segel der Herzklappe wieder adaptiert werden. Dieses Verfahren dient dazu, die Mitralklappe neu zu formen, um die Klappenundichtigkeit zu verringern und die Herzfunktion zu verbessern.

Ähnliche Systeme gibt es für die Trikuspidalklappe am rechten Herzen, diese Patienten eignen sich noch seltener wegen des häufig hohen Alters und der Begleiterkrankungen für eine große offene Herzoperation. Somit kann auch diesen Menschen in Zukunft minimalinvasiv geholfen werden.

Durch die Clip-Systeme ändert sich die Art und Weise, wie wir diese Patienten behandeln:

  • Wir können sie früher im Krankheitszyklus behandeln
  • und gleichzeitig die Möglichkeit für eventuelle zukünftige Behandlungsoptionen offenhalten.
  • Die Herzinsuffizienz ist eine fortschreitende Krankheit und Patienten brauchen Optionen, die eine progressive Behandlung zulassen.

Beim Mitra-Clip-Verfahren ist Teamarbeit gefragt: Zum HKL-/Kardiologie-Team der Asklepios Harzkliniken: gehören neben Chefarzt Prof. Dr. med. Thomas Wittlinger die Oberärzte Harb Abubaraka, Halit Popi, Basheer Ziadeh , Dr. Maryam Ayati und Pflegekräfte wie Maren Stecher, Siggi Bähr u.a.

Fazit

Bis vor wenigen Jahren war die chirurgische Reparatur oder der Ersatz der Mitral- und Trikuspidalklappe die Standardbehandlung für Patienten mit schwerer Herzklappeninsuffizienz, insbesondere, wenn Symptome auftraten oder die Herzleistung beeinträchtigt war. Die Mitralklappenreparatur ist, wenn möglich dem Ersatz der Klappe vorzuziehen, da sie bessere Langzeitergebnisse bietet und das Risiko für Komplikationen, wie die Notwendigkeit einer Antikoagulation (die Gabe eines Medikamentes, um die Blutgerinnung zu hemmen) nach Klappenersatz, reduziert. Allerdings bringt die offene Chirurgie erhebliche Risiken mit sich, insbesondere bei älteren oder multimorbiden Patienten. Die minimalinvasiven Techniken bieten eine weniger belastende Alternative zur klassischen offenen Chirurgie.

Studien wie die COAPT- und EVEREST-II-Studien haben gezeigt, dass das MitraClip®-Verfahren bei Patienten mit schwerer Mitralklappeninsuffizienz zu einer signifikanten Verbesserung der Symptome, der Lebensqualität und der Überlebensrate führen kann. Insbesondere katheterbasierte Verfahren wie MitraClip® haben sich als sichere und effektive Alternativen zur traditionellen offenen Herzchirurgie erwiesen – vor allem bei Hochrisikopatienten.

Ausblick

Mit fortschreitender Technologie und wachsender klinischer Erfahrung ist es wahrscheinlich, dass minimalinvasive Techniken in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen – und die Behandlungsergebnisse dürften sich dann weiter verbessern!

Ähnliche Artikel

Gesundheit

Moderne minimalinvasive Darmkrebstherapie

Mit ca. 70000 Neuerkrankungen jährlich ist Darmkrebs die häufigste Tumor-Erkrankung in Deutschland.

Braunschweig/Wolfsburg 2020 | Dr. med. Hinrich Köhler, Braunschweig

Gesundheit

Minimalinvasive Hernienchirurgie: Moderne Ansätze

Schnellere Genesung, weniger Schmerzen: Die Vorteile minimalinvasiver Hernien-OPs.

Minimalinvasive Verfahren in der Hernienchirurgie gewinnen zunehmend an Bedeutung. Diese modernen Techniken ermöglichen eine schonendere Behandlung von Leisten-, Nabel- und Narbenhernien im Vergleich zur traditionellen offenen Operation. Durch kleinere Schnitte, eine schnellere Erholungszeit und weniger postoperative Schmerzen profitieren Patienten sowohl medizinisch als auch im Alltag. Doch was sind die genauen Verfahren und wann kommen sie zum Einsatz? Ein Überblick über die laparoskopische und roboterassistierte Hernienchirurgie.

Gesundheit 2025 | Waleed Alasmar, Braunschweig