Artikel erschienen am 09.01.2025
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Digital hergestellter Zahnersatz innerhalb einer Sitzung

Von Dr. med. dent. Stephanie Pfeffer, Lehre | Dr. med. dent. Tobias Pfeffer, Lehre

Foto: Pfeffer & Pfeffer

Die fortwährende Adaption des dentalen Workflows setzt dabei mehr und mehr auf die Unterstützung durch digital gestützte Prozesse. Dadurch ist die Zahnmedizin heute in der Lage, den Anspruch hochästhetischer und minimalinvasiver Zahnrestaurationen innerhalb einer Sitzung zu erfüllen.

Traditionell ist zur Herstellung von indirekten Zahnrestaurationen wie Inlays, Kronen oder Brücken, die Abformung von Ober- und Unterkiefer mittels Abdrucklöffeln und -massen erforderlich. Diese oft unangenehmen Abdrücke dienen dem zahntechnischen Labor als Basis für die Herstellung des Zahnersatzes. Die fertige Arbeit wird in der Regel in einer zweiten oder dritten Sitzung beim Zahnarzt eingesetzt. In der Zwischenzeit werden die präparierten Zähne mit oftmals ästhetisch nicht zufriedenstellenden, temporären Restaurationen versorgt. Der gesamte Prozess vom Beschleifen der Zähne bis zum Einsetzen der Arbeit ist zeitaufwendig und kann für Patienten unbequem sein.

Die Entwicklung von dentalen CAD/CAM-Systemen führte ab den 1970er-Jahren zu einem Durchbruch in der restaurativen Zahnheilkunde und ermöglichte erstmalig die Erstellung von Zahnersatz innerhalb eines Termins und ohne herkömmliche Abformung. CAD ist die Abkürzung für computer-aided design (Computer gestütztes Design), CAM steht für computer-aided manufacturing (Computer gestützte Fertigung). In den 1980er-Jahren wurde mit dem CEREC 1 (engl. CEramic REConstruction oder Chairside Economical Restoration of Esthetic Ceramics) das erste kommerzielle CAD/CAM-System auf den Markt gebracht. Mit Hilfe dieses Systems wurde 1985 das erste CAD/CAM-gefertigte Inlay auf Basis einer Feldspatkeramik (VITA Mark I) eingesetzt.

Die Materialvielfalt für den Einsatz in der Chairside Zahnmedizin, sprich der Versorgung mit definitiven Restaurationen innerhalb eines Termins direkt am Behandlungsstuhl, ist seitdem stetig gewachsen. Der Schwerpunkt liegt, wie der Name CEREC verrät, auf der Verwendung dentaler Keramiken, es können jedoch z.B. auch temporäre und definitive Komposite mittels der CAD/CAM-Technik im Chairside-Verfahren verarbeitet werden.

Die Versorgung ästhetisch hochsensibler Bereiche wie beispielsweise der Frontzähne des Oberkiefers ist mit den verfügbaren Materialien inzwischen problemlos und adäquat möglich. Die verschiedenen Werkstoffe lassen sich hinsichtlich der Farbe, Schichtung, Transluzenz und Opazität so auswählen, dass die nahezu perfekte Illusion des natürlichen Zahns geschaffen werden kann. Die fertige Restauration ist dann kaum noch von anderen Zähnen zu unterscheiden.

Foto: Pfeffer & Pfeffer

War im Jahr 1985 mit dem ersten CEREC-System lediglich die Herstellung von Inlays möglich, so ist mit den heute verfügbaren Materialien und der aktuellen Version von Soft- und Hardware die Erstellung komplexerer und größerer Restaurationen wie Veneers, (Teil-)Kronen oder Brücken möglich. Auch die Herstellung von Implantataufbauten ist inzwischen Chairside mittels CEREC machbar. Komplexere Versorgungen, die gegebenenfalls verschiedene Materialien wie Metalle, Komposite und Keramiken kombinieren, werden in der Regel Labside, also im zahntechnischen Labor, gefertigt. Die Abdrucknahme wie auch weitere Herstellungsschritte erfolgen hier in der Regel ebenfalls digital und CAD/CAM-gestützt.

Aus Patientensicht ist der Behandlungsablauf nicht grundsätzlich anders als bei der konventionellen Methode. Nach umfassender Diagnostik und Therapieplanung werden die betroffenen Zähne wie bisher zunächst für die Aufnahme der jeweiligen Versorgung präpariert bzw. beschliffen. Hierauf folgt in Analogie zum herkömmlichen Abdruck die digitale Abformung, auch Scan, genannt. Die präparierten Zähne und die Zahnreihe des gegenüberliegenden Kiefers werden mittels eines optischen Scanners erfasst. Ein weiterer Scan erfasst die Zähne im zusammengebissenen Zustand, um so die Verschlüsselung von Ober- und Unterkiefer zu erfassen.

Die so gesammelten Daten werden in eine spezielle CAD-Software übertragen und vom PC zu einem 3D-Modell gerendert. Innerhalb der CAD-Software kann der Zahnarzt die Restauration unter Berücksichtigung des gewünschten Materials virtuell entwerfen. Mit Hilfe verschiedener Software-Werkzeuge kann die Restauration in Form, Ästhetik und Passgenauigkeit designt und überprüft werden. Der Intraoralscanner des aktuellen CEREC Systems ermöglicht zudem eine Farbkalibrierung, um den am besten zum präparierten Zahn passenden Farbton festlegen zu können.

Nachdem der zu fertigende Ersatz designt ist, wird die Modellinformation an die computergesteuerte Fräsmaschine weitergeleitet. Aus einem industriell gefertigten Block des gewünschten Materials wird nun die Restauration gefräst bzw. geschliffen. Der Prozess dauert in aller Regel zwischen 10-20 Minuten.

Im Anschluss wird die neue Versorgung im Patientenmund einprobiert und hinsichtlich der Kontakte zum gegenüberliegenden Zahn und den Nachbarzähnen sowie bezüglich der Ästhetik überprüft. Im letzten Herstellungsschritt werden farbliche Akzentuierungen und ein Glasurbrand für ein hochästhetisches Finish vorgenommen. Hiernach wird der fertige Zahnersatz definitiv am Patienten eingesetzt. Der so versorgte Zahn ist sofort einsatzfähig, weitere Termine oder provisorische Zwischenlösungen sind nicht erforderlich.

Foto: Pfeffer & Pfeffer

Vorteile der CAD/CAM-gestützten Zahnrestauration in einer Sitzung:

  • Zeitersparnis, da in der Regel nur ein Termin erforderlich ist
  • Komfortgewinn durch Verzicht auf konventionelle Abdrücke
  • hohe und verzeichnungsfreie Präzision durch optische Erfassung und Überführung in ein digitales 3D-Modell
  • große Auswahl verschiedener Keramiken und Kompositmaterialien für ein hochästhetisches wie funktionelles Outcome
  • minimalinvasive Präparation der Zähne im Vergleich zu Restaurationen mit Metallgerüsten
  • hohe Biokompatibilität durch den Einsatz dentaler Keramiken
  • lange Haltbarkeit
  • umweltfreundlich durch Verzicht auf Abdruckmaterialien, Gipsmodelle und Transporte zwischen Zahnarztpraxis und zahntechnischem Labor

Nachteile der CAD/CAM-gestützten Zahnrestauration in einer Sitzung:

  • Nicht jede Situation ist für den Chairside Zahnersatz geeignet.
  • Die Versorgung via CEREC ist auf Einzelzahnrestaurationen bis maximal dreigliedrige Brücken limitiert – für komplexere Situationen wird der intraorale Scan digital an das zahntechnische Labor gesendet.
  • höherer Kostenaufwand verglichen mit der Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen
  • F rakturen von keramischen Versorgungen sind möglich.

Fazit

Die CAD/CAM-gestützte Zahnmedizin ermöglicht die ästhetische und zeitsparende Versorgung von Zähnen innerhalb einer Sitzung. Fokus ist dabei die Versorgung von Einzelzähnen bis zu dreigliedrigen Brücken. Komplexere Restaurationen werden wie bisher vom Zahntechniklabor gefertigt.

 

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