Artikel erschienen am 09.01.2025
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Ein Loch im Herzen

Was kann das mit einem Schlaganfall zu tun haben?

Von PD Dr. Med. Hanno Oswald, Peine

Foto: Adobe Stock / Alexander

Bei Babys ist die Vorhoftrennwand zwischen linkem und rechtem Vorhof noch mit einem Loch, das wie eine Klappe mit einer Membran aussieht, offen, damit das Blut des Babys über die Plazenta und die Nabelschnur bis zur Geburt dieses Vorhofloch durchströmen kann. Mit der Geburt und dem Abklemmen der Nabelschnur ändern sich aber die Blutströme und Drücke innerhalb der Gefäße und das Loch in der Vorhofscheidewand schließt sich von alleine, es wächst zu und bleibt verschlossen. Das passiert bei etwa drei Viertel aller Menschen in der Kindheit, also bei ca 25% der Menschen bleibt dieses Loch offen, manchmal sehr klein, manchmal sehr weit offen. Einige Menschen haben auch Strukturen, die ehemals die Ventilklappe vor diesem Loch gebildet haben, die sich weit hervorwölben.

Foto: Klinikum Peine

Abb. 1: Ein Schluckecho mit einem vermeintlich offenen Foramen Ovale. Man erkennt die vermeintliche Öffnung. (Pfeil)

Bleibt das Loch nach der Kleinkindzeit offen, so bleibt es in der Regel ein Leben lang offen, Kardiologen nennen das „Persistierende Foramen Ovale“, abgekürzt PFO. Von außen kann man das Foramen Ovale auch mit modernen Ultraschallbildern nicht sehen und es macht auch keine Beschwerden. Man kann das PFO nur mit einer speziellen Ultraschalluntersuchung erkennen, bei der das Ultraschall wie bei einer Magenspiegelung heruntergeschluckt wird, sodass der Kardiologe von der Speiseröhre aus, also von hinter dem Herzen, auf das Herz schauen kann. Dieses „Schluckecho“ nennt der Kardiologe TEE (transösophageales Echo).

Menschen mit offenem Foramen Ovale spüren dieses Loch nicht und es macht in der Regel auch keine Probleme, man kann damit gut und normal leben. Strenggenommen stellt es damit auch keine Fehlbildung am Herzen dar, sondern eine Variante der Herzentwicklung, die bei einer großen Zahl von gesunden Menschen nachweisbar ist.

Foto: Klinikum Peine

Abb. 2: Ein Schluckecho mit Nachweis eines offenen PFO mit Übertritts von Ulraschallkontrastmittel vom rechten Vorhof in den linken Vorhof. Der weiße Schaum ist das Ultralschallkontrastmittel im Augenbliock des Übertritts durch das PFO. (Pfeil)

Was hat dieses Loch mit Schlaganfällen zu tun? Wir dachten doch immer: „Schlaganfälle entstehen doch oft bei älteren Menschen oder bei Menschen mit Gefäßerkrankungen, zum Beispiel Atherosklerose und Plaques der Halsschlagader, also Menschen mit Risikofaktoren für so etwas wie Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck.“ Solche Schlaganfälle aus erkrankten Gefäßen sind in der Tat eine häufige Ursache für Gefäßverstopfungen im Gehirn. Ein Schlaganfall ist ja ein Gefäßverschluss des Gehirns. Es gibt aber auch Gerinnsel, die aus dem Herzen in das Gehirn schwimmen können. Häufig ist ein Gerinnsel bei Vorhofflimmern, einer Vorhof-Rhythmusstörung, bei der der Vorhof sehr schnell schlägt und wo das Herz unregelmäßig stolpernd schlägt, aber auch das betrifft meistens Menschen im mittleren bis höheren Alter, ab ca. 50-60 Jahren oder älter. Jüngere Menschen mit Schlaganfall haben aber oft solche Rhythmusstörungen noch nicht und haben oft auch glatte Gefäße. Bei diesen kommt dann die Suche nach einem Foramen Ovale mit einem Schluckecho zum Einsatz. Das PFO kann selber bei Ausbuchtungen Gerinnsel fördern oder ein Gerinnsel aus dem Blutkreislauf, eine kleine Thrombose, kann durch das PFO in den linken Vorhof hindurchschlüpfen und von dort eine Verstopfung einer Gerhirnarterie, einen Schlaganfall auslösen. In solchen Fällen kann der Kardiologe das PFO mit einem Schirmchen verschließen. Das geht ohne große Herzoperation, sondern durch eine Katheterprozedur durch eine Vene in der Leiste. Das ist eine wenig belastender Eingriff, mit dem das PFO für immer verschlossen wird und womit dann die Risiken eines Gerinnsel-Übertritts abgestellt werden.

Foto: Klinikum Peine

Abb. 3: In der Röntgenkontrolle während der Katheter-Implantation des Schirmchens ist das Schirmchen live sichtbar: Der Halteschaft kommt über die Leistenvene in das Herz und hält das Schirmchen fest, damit es manövrierbar bleibt (1). Zwischen der Scheibe im linken Vorhof (2) und er Scheibe im rechten Vorhof (3) ist das Loch, das PFO mit dem „Hals“ des Schirmchens eingefangen (4). Neben der Röntgendiagnostik wird gleichzeitig der Schirm mit einem TEE /Schluckecho verfolgt, damit ist eine Beurteilung der Position in Echtzeit möglich. Der Ultraschallkopf ist auf dem Röntgen mit abgebildet (5). Im Hintergrund sieht man neben der Lunge (weiß) die Wirbelsäule des Patienten.

Am Ende der Prozedur wird der Halteschaft gelöst und entfernt, der Schirm bleibt an Ort und Stelle für immer und wird mit Herz-Innenhaut überwachsen.

Nicht alle PFO müssen verschlossen werden, da sie in der Regel gar nicht bemerkt werden. Nur wenn sie im Zusammenhang bei jungen Menschen mit Schlaganfällen beobachtet werden, kann ein Verschluss mit einem Schirmchen angeboten werden. Seltene Gründe für einen Schirmchenverschluss dieses kleinen Herzlochs sind neben Schlaganfällen auch die sogenannte Taucherkrankheit, die Dekompressionskrankheit, bei Berufstauchern oder selten auch Sporttauchern, da ein offenes PFO auch den Übertritt von Stickstoffbläschen in den linken Vorhof, ganz ähnlich wie der Übertritt von Gerinnseln, ermöglicht und damit ein potenzielles Risiko darstellt.

Foto: Klinikum Peine

Abb. 4: Ultraschallbild TEE mit eingelegtem PFO Okkluder. Man kann schön erkennen, wie die Vorhofscheidewand zwischen den beiden Scheiben des Schirmchens eingefangen ist. Das Schirmchen verschließt das PFO komplett.

 

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