Eine neue Ära der Hörgeräte?
Künstliche Intelligenz wird Hörgeräte maßgeblich beeinflussen
Von Steffi von Siegroth, Braunschweig
Foto: Adobe Stock/ stopabox
In der Forschung zur akustischen Wahrnehmung wird zunehmend erkannt, dass die Art und Weise, wie eine akustische Situation wahrgenommen wird, stark von der aktuellen Hörsituation abhängt. In ein und derselben Hörumgebung können unterschiedliche Absichten, wie zum Beispiel das Verfolgen eines Gespräches oder das Hören eines Musikinstruments, zu einer differenzierten Wahrnehmung und folglich zu unterschiedlichen Klangvorlieben führen. Bisherige Mechanismen automatischer Klassifikationstechnologien basieren auf Annahmen und Verhaltensweisen, die das System durch ein vorangegangenes Training erlernt hat. Die Entscheidung der Klassifizierung basiert auf den Annahmen, die der Hörsystemchip einmalig durch seine Programmierung in der Entwicklung gelernt hat. Damit Hörsysteme effektiver auf individuelle Klangempfindungen in verschiedenen räumlichen Umgebungen eingehen können, ist jedoch ein dynamisches Lernverfahren erforderlich.
Diese Tatsache hat den Bedarf an personalisierten Lösungen zur Klangoptimierung in spezifischen Hörsituationen, die eine individuelle Berücksichtigung der aktuellen Hörintention ermöglichen, in den Vordergrund der technischen Entwicklung gerückt.
Paradigmenwechsel durch lernfähige Systeme
Künstliche Intelligenz repräsentiert eine signifikante Veränderung in der Hörakustik. Moderne, mit integrierter KI ausgestattete Hörgeräte sind nicht mehr nur einfache Audiogeräte, sondern intelligente, anpassungs- und lernfähige Systeme. Sie können sich dynamisch an die Hörumgebung des Benutzers adaptieren und eine maßgeschneiderte Hörerfahrung herbeiführen. Weniger Lärm, eine klare Sprache und einen definierten Klang z. B. im Konzertsaal erlauben ein unbeschwertes Hören in jeder Alltags- und Lebenssituation. Aber die Zukunft der KI in Hörsystemen verspricht noch größere Innovationen. Eine erweiterte Konnektivität, d. h. die nahtlose Integration mit Smart-Home-Systemen und mobiles Equipment wird Hörgeräte zu einem zentralen Bestandteil unseres vernetzten Lebens machen. Die direkte Integration von Sprachassistenten könnte die Art und Weise, wie wir mit Technologie interagieren, revolutionieren. Auch eine umfangreiche Gesundheitsüberwachung könnte durch das Erheben und Sammeln von Vitalparametern präventiv zu einem gesünderen Leben beitragen.
Computer am Ohr
Speziell die Gesundheitsüberwachung und somit die genannte Prävention könnte der nächste Quantensprung in der Weiterentwicklung von Hörsystemen darstellen. Es ist längst bekannt, dass sich Demenz schneller entwickeln kann, wenn die Ohren bei einer Schwerhörigkeit unversorgt bleiben. Die klare Evidenz, dass Hörgeräte als präventive Maßnahme gegen Demenz wirken können, verdeutlicht die Bedeutung der frühzeitigen Erkennung und Behandlung von einem Hörverlust. Es wurde festgestellt, dass Personen, die Hörgeräte tragen, ein ähnlich niedrigeres Risiko für Demenz aufweisen wie Menschen ohne Hörbeeinträchtigungen. Dementsprechend könnte der Einsatz von Hörsystemen eine Schlüsselstrategie sein, um das Risiko für kognitiven Verfall und Demenz zu senken. Diese prophylaktischen Maßnahmen könnten letztlich dazu beitragen, die Prävalenz von Demenzerkrankungen zu reduzieren und das Leben vieler älterer Menschen erheblich zu verbessern. Es ist aber auch zu erwarten, dass weitere Krankheitsbilder durch das Sammeln und Auswerten der eigenen Vitalparameter in naher Zukunft sich ebenfalls vordiagnostizieren und dann auch frühzeitig behandeln lassen können. Dazu ist es aber notwendig die Menschen davon zu überzeugen das noch immer vorhandene Stigma abzulegen Hörgeräte zu tragen. Diese hochkomplexen Computer, die zufällig am Ohr getragen werden und das Leben dieses Menschen sowie dessen Familie und Umfeld lebenswerter machen, einfach akzeptieren.
Brücke zwischen Mensch und Maschine
Paradigmenwechsel, Meilensteine und Quantensprünge in der technologischen Ausrichtung von Hörgeräten sind ein Teil der Symbiose, aber der andere wichtige Bestandteil dieser Symbiose ist immer noch der Hörakustiker, der Mensch, der dem Hörgeschädigten gegenübersitzt. Denn weiterhin stehen im Vordergrund die Bedürfnisse und Wünsche der Personen, die es gilt zu unterstützen und zu helfen. Insbesondere ihnen die Angst zu nehmen vor einer Technologie, die Künstliche Intelligenz genannt wird und gerade die Welt verändert.
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