Artikel erschienen am 09.01.2025
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Gesundheitsvorsorge für Frauen

Wichtige Strategien für ein langes und gesundes Leben

Von Priv.-Doz. Dr. Mignon-Denise Keyver-Paik, Wolfsburg

Foto: Adobe Stock / Maria Sbytova

Mit George N. Papanicolaou, einem in Griechenland geborenen späteren Pathologen der Cornell University New York und seiner Entdeckung der zytologischen Abstriche des Gebärmutterhalses wurde in den 1920er-Jahren eine neue Ära in der Gesundheitsvorsorge für Frauen eingeläutet. Die Neuentdeckung, dass eine Darstellung von mit einem Watteträger entnommener Zellen vom Gebärmutterhals und eine entsprechende Färbung für die mikroskopische Untersuchung es erlaubt, nicht nur Krebserkrankungen, sondern bereits die dem Krebs vorausgehenden und unter den einfachen Mitteln der Lichtmikroskopie darstellbaren ersten Veränderungen darzustellen, erlaubt es uns bis heute, die Entartung von Zellen am Muttermund der Frau zu erkennen und zu behandeln, bevor die Erkrankung ausbricht.

Bei einem Intervall von Jahren zwischen ersten Veränderungen und Krebs und der Möglichkeit der einfachen Entfernung dieser Veränderungen in einem kleinen ambulanten Eingriff vor Krebsentstehung wurde damit der systematischen Krebsvorsorge der Weg geebnet. Der „Pap“ Abstrich, benannt nach seinem Erfinder, mit einfachsten Mitteln durchführbar, wenig belastend und kostengünstig und daher der ideale Prototyp eines systematischen Screenings, eines Suchtests, zur Verminderung der Anzahl der Neuerkrankungen in einer Bevölkerung. Bis heute begründet sich hierauf die klassische Gynäkologische Krebsvorsorge für die Frau. Unter der Einführung dieser Vorsorge wurde das früher als häufigste Krebserkrankung der Frau bekannte Zervixkarzinom in seinem Vorkommen in Ländern mit flächendeckender Vorsorge hinter andere Erkrankungen weit zurückgedrängt. Leider ist dies in Ländern mit erschwertem Zugang zu medizinischer Versorgung immer noch nicht der Fall.

Zwischenzeitlich haben wir zudem den Grund gefunden, warum Frauen ein Zervixkarzinom entwickeln und wie wir dies noch gezielter erkennen und behandeln können: Der Zusammenhang zwischen der sexuell übertragbaren Infektion mit Humanen Papilloma Viren und der hierdurch entstehenden Entartung der Zellen am Gebärmutterhals wurde erkannt. Seit 2020 werden in Deutschland Frauen ab 35 Lebensjahren daher nicht mehr nur mit der zytologischen Untersuchung in der Krebsvorsorge konfrontiert, sondern es erfolgt eine individuelle Einschätzung für ein zukünftiges Krebsrisiko über die Entnahme eines Abstrichs zum HPV-Nachweis.

Hierdurch könne Frauen ohne Infektion entlastet werden und Frauen mit einem nachweislichen Risiko engmaschig und weiterführend betreut werden. Bei Nachweis einer manifesten Infektion oder von Zellveränderungen im Pap Test werden die Frauen in spezialisierten Zentren vorgestellt, in denen eine kolposkopische Untersuchung des Muttermundes, also eine vaginale Untersuchung mit Licht und Lupe, und eine hierdurch gesteuerte Probenentnahme die weitere Therapiestrategie präzisiert.

Wir können aber noch einen Schritt weitergehen: Fast 100 Jahre nach der Entdeckung der Gebärmutterhalszytologie wurde mit der Impfung gegen das Zervixkarzinom die Vision einer echten Prävention der Erkrankung Wirklichkeit. Mit einer Verhinderung der Ansteckung über eine Impfimmunität haben wir damit heute die Möglichkeit, unsere Kinder bereits vor dem zehnten Lebensjahr gegen den Krebs zu impfen und ihnen damit das Vollbild, aber auch die Anfänge der Erkrankung, die schon behandelt werden müssen, zu ersparen. In Ländern, in denen im Gegensatz zu Deutschland die Impfquote bei Kindern ausreichend hoch ist, ist bereits eine deutliche weitere Verringerung der Vorstufen und HPV-assoziierten Erkrankungen nachweisbar. Leider wird das Impfangebot in Deutschland trotz des sehr gut verträglichen Impfstoffs nicht im ausreichenden Umfang wahrgenommen, hier gilt es, Eltern zu überzeugen und Aufklärung zu leisten.

Die häufigste Krebserkrankung der Frau ist heutzutage der Brustkrebs. Hier ist im Mittel jede neunte Frau betroffen. Auch beim Brustkrebs gibt es Vorstufen, die in einem Screening Programm, dem Mammographiescreening, durch eine Röntgen Untersuchung der Brust nachgewiesen werden können. Noch nicht offensichtliche kleine Karzinome werden so häufiger entdeckt. Im Gegensatz zum Screening auf Gebärmutterhalskrebs ist aber das Mammographie Screening mit deutlich mehr apparativem Aufwand verbunden und findet nicht in der Sprechstunde des Gynäkologen statt. Hierfür wurden Screening Zentren mit Röntgen-Ausstattung gegründet – mit mehr Planungsaufwand und Kosten. Aufgrund des Röntgen kommt es zudem zu einer, wenn auch insgesamt geringgradigen, Strahlenbelastung der Patientin.

Angeboten wird das Screening Frauen ab dem 50. Lebensjahr alle 2 Jahre. Zunächst war die Altersobergrenze auf 70 Jahre begrenzt. Dabei ist ein auffälliges Untersuchungsergebnis auch bei einigen Frauen zu erwarten, die nach einer weiteren Abklärung durch Probenentnahmen doch keine Krebserkrankung haben. Diese „falsch positiven“ Ergebnisse sind selten, aber sie belasten die Frau und den Kostenträger. Darüber hinaus eignet sich die Röntgenmammographie aus technischen Gründen nicht für die junge Patientin mit hormonell bedingt dichter Brust. Die Auswertung des Screeningprogramms konnte aber gerade aktuell nachweisen, dass die Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen insgesamt positiv sind. Es werden hierdurch immer weniger Frauen mit fortgeschrittenem Stadium entdeckt. Frühere Diagnosezeitpunkte schützen so davor, an der Erkrankung zu versterben oder zumindest weniger intensiv behandelt werden zu müssen. In diesem Jahr wurde deshalb die Altersobergrenze auf 75 Lebensjahre angehoben. Das Programm hat sich damit für die Frauengesundheit als ein weiterer sehr wichtiger Baustein bewiesen. Da aber auch Frauen unter dem Alter von 50 und nach dem 75. Lebensjahr häufig an Brustkrebs erkranken und es auch keine grundlegende Prävention der Erkrankung gibt, ist eine weitere Senkung der Erkrankungszahlen an sich durch das Screening nicht zu erwarten.

Immer häufiger erkranken Frauen nach den Wechseljahren an dem Krebs der Gebärmutterschleimhaut, dem sogenannten Endometriumkarzinom. Der Grund hierfür ist das zunehmende Übergewicht in der Bevölkerung und dem damit verbundenen Überangebot vom weiblichem Sexualhormon Östrogen im Körper. Glücklicherweise macht sich diese Krebserkrankung aber über eine Blutung in der Menopause in den meisten Fällen in einem Frühstadium bemerkbar, in dem häufig die alleinige Entfernung der Gebärmutter und der nicht mehr aktiven Eierstöcke, möglichst minimalinvasiv, bereits die definitive Therapie darstellt. Jede Frau nach dem Wechsel sollte bei einer plötzlich wieder eintretenden Blutung daher zeitnah den behandelnden Gynäkologen zur weiteren Abklärung aufsuchen. Natürlich ist das Augenmerk auf das eigene Gewicht für die Senkung des eigenen Risikos an Gebärmutterkrebs zu erkranken, genauso wie für die Senkung anderer Gesundheitsrisiken, grundlegend.

Problematisch bleibt die Früherkennung von Patientinnen mit Eierstockerkrankungen. Hier bleibt eine Lösung weiterhin aus. Es gibt Ansätze, vielleicht in Zukunft über Untersuchung der Zusammensetzung von vaginalem Sekret oder genetischen Tumorfragmenten im Blut eine frühzeitige Diagnose möglich zu machen, allerdings ist dies bisher nicht etabliert. Da auch klinische Früherkennungszeichen, über die die Patientin etwas bemerken könnte, typischerweise fehlen, bleibt dies auch in naher Zukunft noch ein Problemfeld. Dabei ist allerdings die Auftretenswahrscheinlichkeit einer Eierstockkrebserkrankung auch deutlich geringer als Brustkrebs oder das Endometriumkarzinom. Hier bieten neuer Ansätze in der Therapie immerhin ein wenig Hoffnung, in Zukunft mehr erkrankten Frauen Heilung oder ein langes Leben mit guter Lebensqualität trotz Krebserkrankung zu bieten.

Abschließend bleibt damit zu sagen, dass in Deutschland die Angebote zur Verbesserung der Gesundheit der Frau sicher vielfältig und sehr effektiv sind, allerdings können sie nur für die Frauen wirken, die sich zu den Vorsorgen tatsächlich vorstellen und diese wahrnehmen.

 

 

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