Artikel erschienen am 09.01.2025
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HNO-Erkrankungen im Erwachsenenalter

Ein umfassender Leitfaden für Patienten

Von Prof. Dr. med. Omid Majdani, Wolfsburg

Foto: Adobe Stock / Poj

Der Kopf- und Halsbereich spielt eine zentrale Rolle für zahlreiche lebenswichtige Funktionen. Hier befinden sich die Sinnesorgane für Sehen, Hören, Riechen sowie das Gleichgewicht und der Orientierungssinn. Darüber hinaus verlaufen in dieser Region bedeutende Nerven und Gefäße, die die Versorgung des gesamten Körpers sicherstellen. Auch die Luft- und Speisewege, die für Atmung und Nahrungsaufnahme unverzichtbar sind, liegen in diesem Bereich.

Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich (HNO) sind weit verbreitet und können zahlreiche Ursachen haben, darunter Infektionen, Allergien, Umweltfaktoren und altersbedingte Veränderungen. Diese Erkrankungen können sich auf viele Aspekte des täglichen Lebens auswirken, von der Atmung über das Hören bis hin zum Sprechen und Gleichgewicht. Hier finden Sie eine detaillierte Übersicht der häufigsten HNO-Erkrankungen im Erwachsenenalter, deren Ursachen, Symptome, Diagnosemethoden und Behandlungsmöglichkeiten.

1. Erkrankungen der Nase und der Nasennebenhöhlen

Erkrankungen der Nase und Nasenneben- höhlen gehören zu den häufigsten HNO-Beschwerden. Sie können sowohl durch akute Infektionen als auch durch chronische Erkrankungen verursacht werden.

Die Nasenatmungsbehinderung durch den Schiefstand der Nasenscheidewand oder vergrößerter Nasenmuscheln wird oft als eine große Einschränkung im alltäglichen Leben wahrgenommen. Sie kann die Leistungsfähigkeit tagsüber reduzieren und einen erholsamen Schlaf verhindern. Die operative Begradigung von Nasenscheidewand und Verkleinerung der Nasenmuscheln kann hierbei eine erhebliche Verbesserung der Beschwerden herbeiführen.

Die akute Sinusitis ist eine plötzlich auftretende Entzündung der Nasennebenhöhlen, die in der Regel durch Viren, seltener durch Bakterien, ausgelöst wird. Typische Symptome sind ein Druckgefühl im Gesicht, eine verstopfte Nase, Kopfschmerzen und gelbgrüner Nasenausfluss. In einigen Fällen kann Fieber auftreten.

Wenn die Beschwerden länger als zwölf Wochen anhalten oder immer wiederkehren, spricht man von einer chronischen Nasennebenhöhlenentzündung. Diese Form der Sinusitis wird oft durch anhaltende Entzündungsprozesse in den Schleimhäuten, Allergien, anatomische Engstellen oder Nasenpolypen begünstigt. Die Symptome sind ähnlich wie bei der akuten Sinusitis, jedoch meist weniger intensiv und langanhaltender. Eine chronische Sinusitis kann die Lebensqualität stark einschränken.

Nasenpolypen sind gutartige Schleimhautwucherungen, die in den Nasennebenhöhlen entstehen und die Nasenatmung erheblich beeinträchtigen können. Sie treten häufig in Verbindung mit chronischen Entzündungen oder Allergien auf. Patienten mit Nasenpolypen klagen oft über eine verstopfte Nase, verminderten Geruchssinn, häufigen Nasenfluss und gelegentlich über Kopfschmerzen. Die Behandlung besteht entweder in der medikamentösen Therapie mit entzündungshemmenden Nasensprays (z.B. Kortison) oder in der operativen Entfernung der Polypen.

Die allergische Rhinitis, auch als Heuschnupfen bekannt, ist eine Überempfindlichkeitsreaktion des Immunsystems auf Allergene wie Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare oder Schimmelpilze. Typische Symptome sind Niesen, juckende Nase, verstopfte Nase und tränende Augen. Die Beschwerden treten meist saisonal auf, wenn bestimmte Pollen in der Luft sind, können aber auch ganzjährig bestehen, wenn andere Allergene die Ursache sind. Die Behandlung erfolgt durch Antihistaminika, abschwellende Nasensprays und in manchen Fällen durch eine spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung).

2. Erkrankungen des Ohrs

Das Ohr ist nicht nur für das Hören, sondern auch für das Gleichgewicht verantwortlich. Daher können Erkrankungen des Ohrs sowohl das Hörvermögen als auch das Gleichgewichtssystem beeinträchtigen.

Eine Mittelohrentzündung tritt häufig als Folge einer Infektion der oberen Atemwege auf. Die Erreger, meist Bakterien oder Viren, gelangen durch die Ohrtrompete vom Nasen-Rachen-Raum ins Mittelohr und verursachen dort eine Entzündung. Typische Symptome sind starke Ohrenschmerzen, Fieber, Hörminderung und bei schweren Verläufen Eiterausfluss aus dem Ohr (Ohrfluss). Akute Mittelohrentzündungen heilen in der Regel von selbst ab, manchmal ist jedoch eine Antibiotikatherapie notwendig. Bei chronischen Mittelohrentzündungen, die zu wiederholten Infektionen führen, kann eine operative Behandlung notwendig sein.

Schwerhörigkeit im Erwachsenenalter ist weit verbreitet und kann durch verschiedene Ursachen bedingt sein. Neben der altersbedingten Schwerhörigkeit (Presbyakusis) spielen Lärmschäden, Infektionen oder Verletzungen des Ohrs eine Rolle.

  • Altersbedingte Schwerhörigkeit:
    Presbyakusis ist eine schleichend fortschreitende Hörminderung, die insbesondere hohe Frequenzen betrifft und durch den natürlichen Alterungsprozess des Innenohrs verursacht wird. Sie beginnt oft unbemerkt und kann sich durch Schwierigkeiten beim Verstehen von Gesprächen, insbesondere in lauten Umgebungen, äußern. Hörgeräte können eine wirksame Lösung sein. Auch Hörimplantate können sehr effektiv eingesetzt werden, um das Hörvermögen und das Sprachverständnis deutlich zu verbessern.
  • Lärmbedingter Hörverlust:
    Lärmbelastung ist eine der häufigsten Ursachen für Hörverlust bei jüngeren Erwachsenen. Langfristige oder wiederholte Belastungen durch laute Geräusche, wie sie in bestimmten Berufen oder durch laute Musik auftreten, können das Gehör dauerhaft schädigen. Gehörschutz und Lärmvermeidung sind wichtige Maßnahmen
    zur Prävention.

Tinnitus beschreibt das Hören von Geräuschen, die keine äußere Schallquelle haben, wie Pfeifen, Brummen oder Rauschen. Tinnitus kann akut oder chronisch sein und wird oft durch Lärmbelastung, Stress, Durchblutungsstörungen oder Erkrankungen des Ohrs verursacht. Während der akute Tinnitus oft von selbst abklingt, kann der chronische Tinnitus zu einer erheblichen Belastung führen. Die Behandlung besteht in der Linderung der Symptome durch Maßnahmen wie Entspannungstechniken, Hörgeräte oder in schweren Fällen kognitive Verhaltenstherapie.

Ohrenschmalz ist eine natürliche Schutzbarriere des Gehörgangs. Eine übermäßige Produktion oder falsche Reinigungsversuche können jedoch zu einer Verstopfung des Gehörgangs führen. Dies kann zu einer vorübergehenden Hörminderung, Druckgefühl und manchmal auch Ohrenschmerzen führen. Die Entfernung von überschüssigem Ohrenschmalz sollte durch einen HNO-Arzt erfolgen, um Verletzungen des Gehörgangs oder des Trommelfells zu vermeiden.

3. Erkrankungen des Halses und Rachens

Erkrankungen im Hals- und Rachenbereich können das Sprechen, Schlucken und Atmen beeinträchtigen. Häufig sind Entzündungen oder Funktionsstörungen die Ursache.

Die akute Mandelentzündung, auch Angina genannt, wird meist durch Bakterien (z.B. Streptokokken) oder Viren verursacht. Sie führt zu starken Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Fieber und geschwollenen Lymphknoten. Auf den Mandeln sind oft weiße Beläge sichtbar. Wiederkehrende Mandelentzündungen oder chronische Tonsillitis können zu einer Entfernung der Mandeln (Tonsillektomie) führen. Diese Operation wird vor allem dann empfohlen, wenn die Entzündungen häufig auftreten oder zu Komplikationen führen.

Eine Entzündung der Stimmbänder (Laryngitis) entsteht häufig durch virale Infektionen, Überanstrengung der Stimme (z.B. durch lautes Sprechen oder Singen) oder durch Reizstoffe wie Zigarettenrauch. Die Hauptsymptome sind Heiserkeit, Halsschmerzen und ein trockener Husten. In der Regel klingt eine akute Laryngitis von selbst ab, wenn die Stimme geschont wird. Bei chronischer Laryngitis, die durch dauerhafte Reizung (z.B. durch Rauchen) verursacht wird, kann eine genaue Abklärung durch einen HNO-Arzt notwendig sein, um bösartige Veränderungen der Stimmbänder auszuschließen.

Schlafapnoe ist eine ernsthafte Schlafstörung, bei der es während des Schlafs zu wiederholten Atemaussetzern kommt. Dies führt zu einer gestörten Schlafqualität und kann langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Die obstruktive Schlafapnoe (OSA) wird durch eine Verengung der oberen Atemwege, oft im Bereich des Rachens, verursacht. Betroffene leiden unter starker Tagesmüdigkeit, Kopfschmerzen und Konzentrationsproblemen. Die Behandlung umfasst Lebensstiländerungen (z.B. Gewichtsreduktion), Atemtherapiegeräte (z.B. CPAP-Geräte) oder in schweren Fällen operative Eingriffe, bei denen ein Zungenschrittmacher eingesetzt wird.

4. Schwindel und Gleichgewichtsstörungen

Schwindel ist ein häufiges Symptom bei Erwachsenen, das oft durch Störungen im Gleichgewichtsorgan des Innenohrs ausgelöst wird.

Dieser plötzlich auftretende Drehschwindel tritt auf, wenn kleine Kalkpartikel im Innenohr in die falschen Kanäle gelangen. Der Schwindel wird meist durch bestimmte Kopfbewegungen ausgelöst und kann sehr intensiv sein, ist aber in der Regel harmlos.

Morbus Menière ist eine chronische Erkrankung des Innenohrs, die durch wiederkehrende Schwindelattacken, Tinnitus und einen fortschreitenden Hörverlust gekennzeichnet ist. Es gibt keine Heilung für Morbus Menière, aber die Symptome können mit Diuretika, Ernährungsumstellung (salzarme Kost) und manchmal operativen Eingriffen gelindert werden.

5. Tumorerkrankungen im HNO-Bereich

Kopf- und Hals-Tumoren treten besonders bei Rauchern und übermäßigem Alkoholkonsum auf, können aber auch durch Infektionen mit bestimmten Typen des humanen Papillomavirus (HPV) verursacht werden. Diese Tumoren manifestieren sich häufig im Bereich der Tonsillen, des Zungengrunds, des Schlunds und des Kehlkopfs. Auch in der Nase und den Nasennebenhöhlen können sowohl gutartige als auch bösartige Tumoren entstehen. Oft verhindern Tumoren durch die Zerstörung der umliegenden Nerven die anfänglichen Symptome wie Schmerzen, sodass sie häufig erst im fortgeschrittenen Stadium bemerkt werden. Erst wenn Beschwerden wie das Wahrnehmen einer Raumforderung, Heiserkeit, Blutungen aus Mund oder Nase oder erschwertes Atmen auftreten, suchen die Patienten einen Arzt auf.

Die Behandlung von Tumorerkrankungen erfolgt in der Regel durch die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen in einem „Cancer Center“. Dort entscheiden Spezialisten wie HNO-Ärzte, Strahlentherapeuten, Onkologen, Radiologen und Pathologen gemeinsam über die individuell beste Therapie. Diese Entscheidung basiert auf der Größe, Position und dem Ausbreitungsgrad des Tumors. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören die chirurgische Entfernung der Tumoren, die plastische Rekonstruktion mit umliegendem Gewebe oder durch Übertragung von „Lappenplastiken“ aus anderen Körperregionen sowie Bestrahlung und Chemotherapie. Die Wahl der Einzel- oder Kombinationstherapie und deren Reihenfolge wird im Expertenteam des „Cancer Centers“ getroffen und den Patienten mitgeteilt, die dann die für sie beste Therapieform auswählen. Aufgrund der Neigung zu Rezidiven (erneutes Auftreten der Tumorerkrankung) wird nach Abschluss der Primärtherapie eine mehrjährige Nachsorge und Tumorkontrolle empfohlen.

6. Plastische und Ästhetische Behandlungen

Plastische Eingriffe umfassen alle Verfahren, die die äußerliche Erscheinung verändern, unabhängig von deren Ursache. Dazu gehören sowohl rekonstruktive Eingriffe nach Traumata oder Tumoroperationen als auch ästhetische Behandlungen zur Veränderung der Form von Gesicht, Nase, Augenlidern, Kinn oder Hals, beispielsweise zur Behandlung von Alterungserscheinungen wie Falten im Gesicht und Stirnbereich, hängenden Ober- und Unterlidern, verschmälerter Lippen oder Doppelkinn.

Ästhetische Eingriffe können in zwei Kategorien unterteilt werden: nicht-operative Behandlungen und chirurgische Eingriffe. Zu den nicht-operativen Behandlungen gehören zum Beispiel die Injektion von Botox zur Faltenbehandlung, Hyaluronsäure-Filler zur Auffüllung von Gewebeverlust im Gesicht oder Lipolyse-Spritzen zur Behandlung von Doppelkinn. Auch die Behandlung mit Wiederhaken-Fäden zur Hautstraffung und fraktioniertem CO2-Laser zur Verbesserung der Hautstruktur, Behandlung kleinerer Fältchen um Lippen oder Augenlider oder zur Verjüngung der Gesichtshaut zählen dazu.

Chirurgisch-ästhetische Eingriffe können oft unter Lokalanästhesie durchgeführt werden, wie zum Beispiel die Oberlidplastik. Die Unterlidplastik wird in der Regel besser in Vollnarkose durchgeführt. Auch die Rhinoplastik (Nasenkorrektur) erfolgt in Vollnarkose, wobei die Form des Nasenrückens (zum Beispiel Nasenhöcker) oder der Nasenspitze nach den Wünschen der Patienten angepasst werden kann, wie etwa Verlängerung oder Verkürzung der Nase, Verlagerung der Nasenspitze oder Verschmälerung der Nase. Ein Facelift wird normalerweise ebenfalls in Vollnarkose durchgeführt. Beim Deep-Plane-Facelift wird nicht nur die Haut gestrafft, sondern auch die Gesichtsfaszien unterhalb der Haut, um eine langfristige Wirkung der Operation zu gewährleisten. In der Regel wird auch ein Necklift durchgeführt, der den oberen Hals und die Mundbodenregion strafft und gegebenenfalls ein Doppelkinn behandelt.

Zusammenfassung

Erkrankungen im HNO-Bereich sind vielfältig und können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.

Prävention spielt eine entscheidende Rolle bei der Vermeidung von HNO-Erkrankungen. Eine gute Hygiene, regelmäßiges Händewaschen und das Vermeiden von Allergenen im Wohnraum können helfen, Infektionen vorzubeugen. Zudem sollte das Rauchen vermieden werden, da es das Risiko für viele HNO-Erkrankungen erhöht. Regelmäßige Arztbesuche sind ebenfalls wichtig, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Es ist ratsam, bei anhaltenden oder sich verschlechternden Symptomen einen HNO-Arzt aufzusuchen. Besonders bei anhaltenden Ohrenschmerzen, plötzlichen Veränderungen des Hörvermögens oder langanhaltenden Halsschmerzen sollte schnellstmöglich medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden. Insgesamt ist es wichtig, sich über HNO-Erkrankungen zu informieren, um geeignete Maßnahmen zur Prävention und Behandlung zu ergreifen.

Ihre Gesundheit sollte immer an erster Stelle stehen.

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