Artikel erschienen am 09.01.2025
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Parkinson-Komplexbehandlung

Ein multidisziplinäres Therapieangebot

Von Dr. med. Hakan Cangür, Wolfsburg

Foto: Adobe Stock / Dmitry

Die Symptome der Parkinson-Krankheit entwickeln sich oft schleichend und nehmen im Verlauf der Erkrankung an Intensität zu. Dies führt zu einer schrittweisen Beeinträchtigung der Lebensqualität und Selbstständigkeit der Patienten. Frühwarnzeichen können viele Jahre vor den Hauptsymptomen auftreten. Zu diesen Anzeichen zählen insbesondere Veränderungen im Schlafverhalten, wie Traumschlaf-Verhaltensstörungen, sowie sensorische Störungen wie Riech- und Sehstörungen. Betroffene berichteten zudem häufig von Muskel- und Gelenkschmerzen, was die Diagnose komplizieren kann, da diese Symptome auch auf andere Erkrankungen hinweisen könnten. Nicht selten führt die Diagnosestellung einer Parkinson-Erkrankung über einige Umwege. Verminderte Armbewegung beim Gehen, Probleme mit der Feinmotorik, anhaltende Müdigkeit sowie allgemeine Unsicherheit und Zittrigkeit sind weitere Hinweise, die auf eine beginnende Parkinson-Erkrankung hindeuten können.

In der Regel erfolgt die Diagnosestellung zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr, jedoch gibt es auch Fälle, in denen die Krankheit bereits vor dem 40. Lebensjahr auftritt. Statistiken zeigen, dass etwa 10 Prozent der Patienten genetisch vorbelastet sind, was die Rolle von ererbten Faktoren in der Entwicklung der Krankheit unterstreicht. Nach der Alzheimer-Krankheit ist die Parkinson-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung – in Deutschland sind derzeit etwa 400.000 Menschen betroffen. Diese hohe Zahl verdeutlicht die Dringlichkeit und Notwendigkeit einer fundierten, individuellen Behandlung.

Die Parkinson-Komplexbehandlung

Die Behandlung der Parkinson-Krankheit stellt eine besondere Herausforderung dar, da sie individuell angepasst werden muss. Aufgrund der großen Streubreite der Symptome und des unterschiedlichen Krankheitsverlaufs bei jedem Patienten, ist es von entscheidender Bedeutung, das Therapiestrategien maßgeschneidert und ganzheitlich gestaltet werden. Konventionelle Therapien konzentrieren sich in erster Linie auf die Medikation, die vor allem darauf abzielt, die Dopaminspiegel im Gehirn zu erhöhen. Zu den üblichen Medikamenten gehören L-Dopa, Dopaminagonisten und sog. MAO-B-Hemmer.

Zunehmend werden neben diesen klassischen medikamentösen Ansätzen komplexere Therapieformen wie die sogenannte Parkinsonkomplexbehandlung relevant. Diese Behandlung verfolgt einen ganzheitlichen und interdisziplinären Ansatz und umfasst nicht nur die medikamentöse Therapie, sondern auch physio-/ergotherapeutische und logopädische Maßnahmen. Ziel ist es, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und somit die Symptome ganzheitlich anzugehen. Regelmäßige körperliche Aktivität ist elementar für den Erhalt der Mobilität und die Verbesserung der Lebensqualität von Parkinson-Patienten. Physiotherapeutische Übungen helfen dabei die Muskulatur zu stärken, die Koordination zu fördern und das Risiko von Stürzen zu minimieren. Ergotherapie spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle, da sie den Patienten befähigt, alltägliche Aktivitäten eigenständig zu bewältigen.

Durch gezielte Hilfestellungen und die Anpassung der Umgebung wird die Selbstständigkeit gefördert, was für das psychische Wohlbefinden der Betroffenen von großer Bedeutung ist. Ein häufiges Problem, das viele Parkinson-Patienten betrifft, sind Veränderungen in der Sprache bzw. des Sprechens: das Sprechtempo und die Lautstärke können variieren, was zu ungenauer Artikulation und mangelnder Verständlichkeit führt. Intensive Sprach-/Sprechtherapie, die während eines stationären Aufenthalts durchgeführt wird, kann hier signifikante Fortschritte ermöglichen. Die Diagnose Morbus Parkinson bringt über all dies auch psychische Belastungen für den Patienten und sein Umfeld mit sich. Daher ist die psychosoziale Unterstützung ein integraler Bestandteil der komplexen Behandlung. Der Austausch in Selbsthilfegruppen, soziale Kontakte und psychologische Betreuung tragen dazu bei, Stress abzubauen und die emotionale Stabilität zu stärken. Diese Unterstützung ist essenziell, um den Herausforderungen des täglichen Lebens zu begegnen und die mentale Gesundheit zu fördern.

In der Zusammenschau werden in der Parkinsonkomplexbehandlung die individuellen Bedürfnisse jeder Patientin und jedes Patienten in den Mittelpunkt gestellt. Ein interdisziplinäres Team aus Neurologen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Pflegekräften arbeiten zusammen um ein umfassendes Versorgungskonzept für jeden Patienten zu entwickeln. Dieses Team gewährleistet eine kontinuierliche Anpassung der Therapie an den Fortschritt der Erkrankung und die sich ändernden Bedürfnisse der Patienten. So kann die Lebensqualität nachhaltig verbessert und können die Patienten auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten Leben unterstützt werden. Insgesamt zeigt sich, dass die Parkinson-Krankheit ein breites Spektrum an Herausforderung mit sich bringt, das weit über die motorischen Symptome hinausgeht. Die ganzheitliche Betrachtung der Gesundheit und Lebensumstände der Betroffenen ist entscheidend für den Therapieerfolg.

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