Hüftprothesenlockerung, wie viele Wechsel sind möglich?
Der Operateur sollte über große Erfahrung verfügen
Von Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller, BraunschweigUrsächlich für die Lockerung der Prothese ist einerseits die Tatsache, dass der Knochen, in dem die Prothese verankert wird, sich kontinuierlich ändert und meistens einem gewissen Abbau unterliegt, zum anderen die Tatsache, dass aufgrund der unterschiedlichen Materialien Abrieb besteht, welcher an sich eine entzündliche Veränderung bewirkt, die dann auch zur Lockerung der Prothese führen kann. Je nach zuvor gewähltem Verfahren der endoprothetischen Versorgung, steht mehr oder weniger Knochen zur Verankerung der nächsten Prothese zur Verfügung. Der Patient, der über viele Jahre beschwerdefrei mit seinem künstlichen Hüftgelenk laufen konnte, und plötzlich nach 10 oder 15 Jahren Schmerzen in der Hüfte bemerkt, sollte eine konsequente fachorthopädische Abklärung durchführen lassen, um eine mögliche Lockerung festzustellen. Im Falle einer nachgewiesenen Lockerung (Abb. 1) ist eine zügige Wechseloperation ratsam, da gelockerte Implantate eine Relativbewegung zum Knochen aufweisen und diesen dadurch zerstören können. Im Rahmen einer Wechseloperation wird üblicherweise nur der gelockerte Anteil der Prothese, sei es die Hüftpfanne oder der Hüftschaft, oder falls sich beides gelockert hat, auch beides gewechselt (Abb. 2).
Abb. 1: gelockerte Prothese
Abb. 2: gewechselte Prothese (modularer Scaft)
Die Art der Wechseloperation ist somit eindeutig bestimmt durch den bestehenden Knochenverlust. Wurde im Rahmen der Erstoperation sorgfältig gearbeitet, sinnvollerweise ein zementfreies kleines Implantat verwendet und nicht zu viel Knochenzement, so ist üblicherweise mit einer sog. Geradschaftprothese eine Wechseloperation durchführbar.
Die aktuelle Literatur belegt eindeutig den Vorteil der zementfreien Wechseloperation. Während eine Primärprothese noch gut mit Knochenzement, insbes. beim älteren Patienten verankert werden kann, so sollte in der Wechseloperation auf eine zementierte Verankerung verzichtet werden, da sich diese Prothesen schneller lockern. Aus diesem Grunde wird man sich, sofern man über ein entsprechendes Know-how verfügt, zu einem zementfreien Wechsel entschließen. Im Pfannenbereich können neben den normal verwendeten Hüftpfannen sog. Abstützschalen verwendet werden, die einen Wiederaufbau der Hüftpfanne ermöglichen. Eine Klinik, die Wechseloperationen durchführt, sollte neben einer großen Erfahrung bei diesen Operationen und einer entsprechenden Fallzahl pro Jahr über eine adäquate Ausstattung des OPs sowohl mit Instrumenten als auch mit Implantaten verfügen. Des Weiteren ist zum Aufbau der knöchernen Defekte eine Knochenbank unverzichtbar.
Im Schaftbereich sind derzeit als goldener Standard sog. modulare Wechselprothesen anzusehen. Unter einer modularen Wechselprothese versteht man eine Prothese, die aus verschiedenen Teilen aufgebaut ist, die unabhängig von der Dimension des Knochenschadens eine Verankerung im Bereich des gesunden Knochens ermöglicht (Abb. 3).
Abb. 3: Schema modulare Wechselprothese
Diese Prothesen bestehen üblicherweise aus einer Titanlegierung, haben ein Sternprofil und sind leicht konisch geformt, sodass eine Verankerung, insb. unterhalb des defekten Knochenlagers möglich ist. Die Beinlänge kann aufgrund der Modularität über Verlängerungshülsen, über die Wahl des Schenkelhalsstückes und über die Kopfgröße eingestellt werden, sodass eine adäquate Muskelspannung und eine seitengleiche Beinlänge resultiert. Bei einer zu geringen Muskelspannung besteht die große Gefahr der Ausrenkung des Hüftkopfes; bei einer großen Muskelspannung, die zu einer höheren Sicherheit führt, kommt es allzu oft zu einer Beinverlängerung, die nicht im Sinne des Patienten sein kann.
Resümierend bleibt festzuhalten, dass die Wechseloperation im Bereich des Hüftgelenkes deutlich anspruchsvoller ist als der Ersteinbau. Aus diesem Grunde sollte der Patient die Klinik, die diese Wechseloperation durchführt, sorgfältig auswählen. Sie sollte neben einer adäquaten Fallzahl und damit Erfahrung über eine ausreichende Anzahl an Implantaten und Implantattypen verfügen, um jede noch so schwierige Situation während der Operation hierdurch bewältigen zu können.
Fotos: HEH, MRP-Titan®: Peter Brehm GmbH