Artikel erschienen am 02.09.2016
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Blicke in den Körper: moderne Bildgebung

Diagnose, Therapie und Früherkennung mit radiologischer Diagnostik

Von Prof. Dr. med. Peter Landwehr, Hannover

Mit großer Präzision sehen Radiologen heute in alle Körperregionen und haben dabei „alles im Blick“. Radiologen schauen dabei auf den ganzen Menschen und seine Erkrankungen. Lassen sich Beschwerden nicht durch Arztgespräch, körperliche Untersuchung, Funktionsuntersuchungen (z. B. EKG) und Laborwerte klären, ist eine bildgebende Diagnostik oft unverzichtbar, um einer Erkrankung auf die Spur zu kommen. Aber auch die Kontrolle des Behandlungserfolgs und zunehmend auch die Früherkennung sind ohne radiologische Bildgebung kaum noch denkbar.

Die Kunst der Radiologie ist es, das richtige Verfahren zum rechten Zeitpunkt einzusetzen. Dabei spielen die Schnittbildverfahren Ultraschall (Sonographie), CT (Computertomographie) und MRT (Magnetresonanztomographie) eine immer größere Rolle. Je früher und genauer eine Diagnose gestellt wird, umso besser sind die Heilungschancen. Gerade die hohe Aussagekraft von MRT und CT erleichtert die exakte Therapieplanung. Das Spektrum ist dabei sehr vielfältig: Schlaganfall, Tumorerkrankungen, Entzündungen diverser Organe, Erkrankungen von Gelenken und Wirbelsäule, Durchblutungsstörungen der Beine, Aussackungen von Arterien (Aneurysmen) sowie die Klärung von Unfallfolgen oder schweren Bauchschmerzen sind Beispiele dafür, was heute mit radiologischen Methoden genauer als mit allen anderen Verfahren diagnostiziert werden kann. Am Ende geht es vor allem darum: Woran leidet der Patient? Wie ausgedehnt ist die Erkrankung? Muss man die Erkrankung behandeln? Wenn ja: Was ist die beste Therapie? Wie soll die Therapie geplant werden? Welche Operationsmethode kommt ggf. in Betracht? Radiologische Bilder dienen auch der Einschätzung von Therapierisiken und werden immer mehr für die Navigation von Eingriffen eingesetzt. Auch die virtuelle Behandlungsplanung vor der eigentlichen OP bis hin zum individuellen 3-D-Druck von Implantaten ist ohne präzise radiologische Schnittbilder undenkbar.

Akuter Schlaganfall (oben links); Lebertumor (unten links); vollständige Wirbelsäulendarstellung (Mitte); Bruch des Hüftknochens (oben rechts); Therapiekontrolle nach komplexem Arterieneingriff (unten rechts)

Digitale Röntgenuntersuchung

Sie spielt eine abnehmende, aber noch immer wichtige Rolle. Vor allem ist sie wertvoll für die rasche Erkennung größerer Veränderungen von Knochen und Gelenken (z. B. Knochenbruch) sowie für die schnelle Übersicht bei Erkrankungen im Brustkorb (z. B. Lungenentzündung). Eine besonders große Bedeutung hat die Röntgenuntersuchung der weiblichen Brust (Mammographie, siehe Extra-Beitrag). Die Röntgenuntersuchung ist jedoch (außer an der weiblichen Brust) nur unzureichend in der Lage, Veränderungen der Weichteile und der meisten Körperorgane abzubilden.

Ultraschall (Sonographie)

Hiermit können zahlreiche Organe des Körpers ohne Röntgenstrahlen untersucht werden. Hierzu gehören z. B. Leber, Nieren, das Herz und viele Blutgefäße. Die Sonographie ist weit verbreitet und oft die erste bildgebende Methode, gerade auch bei Kindern. Ultraschalluntersuchungen sind aber, dies kann ein Nachteil sein, in besonderer Weise von der Erfahrung des Untersuchers abhängig. Zudem kann man den Ultraschallbildern – im Gegensatz zu CT- und MRT-Bildern – nur unzureichend entnehmen, ob ein Organ wirklich umfassend untersucht wurde. In Expertenhand kann mit speziellen Ultraschall-Kontrastmitteln die Aussagekraft noch verbessert werden.

Computertomographie (CT)

Sie ist heute das bildgebende Verfahren, das insbesondere bei vielen akuten Erkrankungen, nach Unfällen und bei vielen Tumorerkrankungen in kürzester Zeit eine umfangreiche Aussage bietet. Viele Spezialanwendungen (z. B. an der Lunge, an den Blutgefäßen oder am Herzen) erweitern heute das Spektrum der Möglichkeiten der CT. Die CT ist daher in Krankenhaus und Praxis das radiologische „Arbeitspferd“, wenn Röntgen oder Ultraschall nicht ausreichen. Da die CT zu einer Strahlenbelastung führt, die deutlich höher ist als beim normalen Röntgen, wägen die Radiologen immer ab, ob der Nutzen der CT das theoretische Strahlenrisiko rechtfertigt. Allerdings ist es in den letzten Jahren zu einer drastischen Reduktion der Strahlenbelastung gekommen, wenn moderne CT-Technologien verwendet werden. Eine Besonderheit stellt die PET/CT dar, eine Kombination aus CT und einer nuklearmedizinischen Stoffwechseluntersuchung; insbesondere bei speziellen Tumorfragestellungen wird die PET/CT heute an Zentren eingesetzt.

MRT (Magnetresonanztomographie)

Diese auch Kernspintomographie genannte Methode arbeitet mit einem starken Magnetfeld und Radiowellen. Sie kommt ohne Röntgenstrahlen aus. Die MRT ist das radiologische Verfahren mit dem inzwischen größten Aussagespektrum. Grundsätzlich sind alle Organe untersuchbar, und immer mehr kann mit der MRT auch deren Funktion gemessen werden. Die MRT ist das Top-Verfahren z. B. für Erkrankungen von Gehirn, Wirbelsäule, Rückenmark, Leber, Gelenken, Weichteilen, Blutgefäßen und Herzmuskel. Aber auch viele Knochenerkrankungen werden inzwischen am besten mit der MRT untersucht. MRT-Untersuchungen dauern länger als CT-Untersuchungen, liefern dafür aber noch deutlich mehr Informationen. Für besondere Fragestellungen, höhere Präzision und kürzere Untersuchungszeiten werden heute besonders starke MRT-Geräte eingesetzt (sogenannte 3-Tesla-Systeme).

Bildgebende MethodeVorteileNachteileBesondere Eignung
Röntgen - schnell
- für einfache Frage­stellungen kosten­günstig
- sehr begrenztes Diagnose­spektrum
- Strahlen­belastung
- einfache Frage­stellungen an Knochen, Gelenken und Lunge
- Spezial­verfahren Mammo­graphie (weib­liche Brust)
Ultraschall - Einstiegs­methode bei vielen Organ­erkrankungen
- keine Strahlen­belastung
- mobil am Patienten­bett durch­führbar
- Funktion von Herz und Gefäßen abbildbar
- besonders von Erfahrung des Unter­suchers abhängig
- nicht alle Organe und Körper­bereiche unter­suchbar
- wegen weiter Verbreitung kosten­intensivste Bild­gebung
(Bezug: ambulante Aus­gaben der gesetz­lichen Kranken­kassen)  
- Kinder
- Blutgefäße
- Herz
- Leber und Nieren
- Ergänzung zur Mammo­graphie
Computer-
tomographie (CT)
- schnellstes Verfahren zur Abbildung großer Körper­bereiche
- ideal in der Notfall­diagnostik
- Standard­methode bei Tumor­patienten
- sehr standardisiert und reproduzierbar
- Strahlenbelastung
- eingeschränktes Diagnose­spektrum bei Weich­teilen
- Unfall­patienten
- Notfälle (z. B. Schlag­anfall)
- Krank­heiten mit Befall großer Körper­regionen (z. B. Tumoren)
- Lungen­erkrank­ungen
- Knochen
Magnet-
resonanz-
tomographie (MRT)
- größtes Diagnose­spektrum aller Verfahren
- ideal für alle Weich­teil­frage­stellungen
- Funktion kann sichtbar gemacht werden
- sehr standardisiert und reprodu­zierbar
- zeitaufwendiger als CT
- erfordert hohe Investi­tionen
- bei elektronischen Implantaten ggf. nicht durchführbar
- Gehirn
- Wirbelsäule
- Gelenke und Weichteile
- Bauch­organe
- Herz
- weibliche Brust (Mamma)
- Blut­gefäße

Ausblicke

Die radiologische Bildgebung entwickelt sich in den nächsten Jahren zu einer der wichtigsten Informationsquellen für die personalisierte Medizin. Schlagworte wie „Big Data“ und „Radionomics“ beschreiben, wo es in Zukunft hingeht: Die Fülle medizinischer Informationen über den Patienten wird mit individuellen Bilddaten zusammengeführt, über intelligente Algorithmen und Expertensysteme werden dann Muster erarbeitet, über die in bisher nicht gekannter Präzision Krankheiten diagnostiziert und individuelle Erkrankungsrisiken kalkuliert werden können.

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