Artikel erschienen am 01.04.2012
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Alles neu macht der Mai

Was bringt das geplante Mietrechtsänderungsgesetz (MietRÄndG)?

Von René Weidig, Braunschweig | Andreas Jahr, Braunschweig

Im Mai des Jahres 2010 legte die Bundesvereinigung der Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI) ein Positionspapier mit Vorschlägen zur Novellierung des Mietrechts vor. Nur kurze Zeit später, im Mai des Jahres 2011, folgte ein erster Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums. Zwischenzeitlich liegt ein zweiter Referentenentwurf vor, welcher zurzeit in den zuständigen Ausschüssen diskutiert wird.

Dieser aktuelle Entwurf vom 25.10.2011 ist weitgehend „ausgegoren“. Es ist damit zu rechnen, dass er in dieser Form, weitgehend unverändert, verabschiedet wird.

1. Hintergründe der Reform

In Deutschland regelt das Mietrecht einen bedeutenden Markt, da der Großteil der Bevölkerung eine Miet­wohnung als Lebens­mittel­punkt gewählt hat. Von ca. 40 Mio. Wohnungen sind 24 Mio. Miet­wohnungen. Von diesen 24 Mio. Miet­wohnungen wiederum befinden sich ca. 14,5 Mio. bzw. 61 % im Eigentum privater Vermieter.

Es handelt sich somit um einen klein­teiligen Miet­markt mit überwiegend privaten Ver­mie­tern, die die Miet­objekte normaler­weise als Vermögens­bildung oder zur Alters­vorsorge nutzen.

a) Politisches Ziel: Energieeinsparung

„Peak Oil“ scheint überschritten, d. h., die globalen Energiereserven werden knapper, gleichzeitig steigt der Energiebedarf immer weiter an.

Die Bundesregierung sieht es daher als eine zentrale Aufgabe für die Zukunft an, den gesamtdeutschen Energieverbrauch zu senken. Ziel ist neben der Energieeinsparung auch der Klimaschutz: CO2-Emissionen sollen vermindert werden.

Bei der Umsetzung dieser Pläne spielt der Wohngebäudebereich eine entscheidende Rolle. So entfallen ca. 40 % des deutschen Endenergieverbrauchs und damit ca. 20 % der CO2-Emissionen auf Gebäude. Das Einsparpotenzial ist hier groß.

b) Der Beitrag des Mietrechts

Einem ausgewogenen Mietrecht kommt die Aufgabe zu, die Interessen der Mieter, die Interessen der Vermieter und gesamtgesellschaftliche Interessen in Einklang zu bringen.

Typischerweise tragen die Vermieter im Rahmen einer energetischen Modernisierung die Kosten der Baumaßnahmen. Unmittelbare Profiteure sind jedoch die Mieter, die sich über verminderte Energiekosten freuen können. Die Vermieterseite hat daher naturgemäß ein Interesse daran, die Investitionskosten im Rahmen von Mieterhöhungen an die Mieter weiterzureichen. Auf der Mieterseite stoßen diese Mieterhöhungen jedoch nur auf geringe Gegenliebe.

Um das gesamtgesellschaftliche Ziel, welches die Energie- und Klimapolitik vorgibt zu erreichen, muss der vorstehend beschriebene Interessenkonflikt fair austariert werden und müssen die Interessen aller Beteiligten Berücksichtigung finden. Das zurzeit gültige Mietrecht wird diesen Anforderungen nicht mehr gerecht. Es besteht daher Anpassungsbedarf.

Daneben bemüht sich die bevorstehende Reform um eine ausgeglichenere Risikoverteilung zwischen Mietern und Vermietern in Bezug auf das sich verstärkende Problem des „Mietnomadentums“. Gerade die privaten Vermieter hatten bisher häufig nicht die finanziellen und möglicherweise auch prozessualen Möglichkeiten, um bei dieser besonderen Form des Betruges angemessen reagieren zu können.

2. Die Änderungen im Einzelnen

a) Energetische Modernisierung

Die Regelungen zur Modernisierung von vermietetem Wohnraum finden sich bisher in den §§ 554, 559 ff. BGB. Diese Regelungen sind jedoch nicht mehr ausreichend.

Dieses Recht der Duldungs- und Erhaltungsmaßnahmen wird daher neu geregelt und stärker mit dem Recht auf Moder­nisierungs­mieterhöhungen abgestimmt. Der Begriff der „energetischen Moder­nisierung“ wird im neuen Gesetz definiert und die energetische Moder­nisierung wird durch verschiedene Regelungen gegenüber anderen Modernisierungen oder Erhaltungsmaßnahmen privilegiert.

Gleichzeitig beabsichtigt der Gesetzesgeber, das Minderungsrecht der Mieter bei einer energetischen Modernisierung für einen Zeitraum von drei Monaten zu beschränken, der Mieter soll also bei dieser besonderen Form der Modernisierung nicht mehr mindern dürfen.

Im Ergebnis soll die Gesetzeslage also vereinfacht werden und wirtschaftliche Hürden bei energetischen Sanierungen sollen für den Vermieter verkleinert werden.

b) (Wärme-)Contracting

Bisher war gesetzlich nicht geregelt, wie die Kosten bei einer Umstellung auf eine gewerbliche Wärmelieferung (Contracting) auf die Mieter umgelegt werden können. Die Rechtsprechung hat hierfür zwar Grundsätze entwickelt, diese setzten jedoch immer eine mietvertragliche Regelung voraus, ein gesetzlicher Anspruch bestand nicht.

Dies stellte insbesondere Vermieter mit Altmietverträgen vor Probleme. Ein Anschluss des Mietshauses an das Fernwärmesystem, welches in unserer Region verbreitet ist, blieb so unattraktiv.

Der Gesetzgeber sieht das Wärmecontracting jedoch als wichtiges Instrument zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden an. Das Reformgesetz wird daher eine Regelung einführen, die es den Vermietern ermöglicht, bei allen laufenden Mietverhältnissen die Kosten der Wärmebelieferung auf die Mieter im Rahmen der Betriebskostenabrechnung umzulegen. Dabei werden jedoch bestimmte Voraussetzungen zu beachten sein.

c) Vereinfachte Durchsetzung von Räumungsansprüchen

Zunächst wird durch die Reform ein neuer Kündigungstatbestand eingeführt: Bisher sind die Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters bei Nichtzahlung der Kaution umstritten. Höchstrichterlich ist die Frage der sofortigen Kündigungsberechtigung bisher nur für Gewerberaummietverhältnisse entschieden. Die daneben immer mögliche ordentliche Kündigung setzt aber ein Verschulden des Mieters voraus.

Der Mieter hat das Recht, die Kaution in drei aufeinander folgenden Monatsraten zu entrichten. Die neue Regelung stellt die Fälligkeit der Kautionsraten bei Wohnraummietverhältnissen klar und ermöglicht dem Vermieter eine außerordentliche Kündigung, sofern der Mieter die Raten nicht vollständig zahlt. Wie bei den bisherigen Kündigungsmöglichkeiten wegen Zahlungsverzuges wird dem Mieter jedoch eine Heilungsmöglichkeit eingeräumt.

Insbesondere diese außerordentlichen Kündigungen wegen Zahlungsverzuges haben private Vermieter bisher oftmals stark belastet. Der übliche Geschehensablauf einer außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzuges war bisher folgendermaßen:

Zunächst musste als Kündigungsvoraussetzung ein Zahlungsrückstand von zwei Monatsmieten bestehen. Zur Durchsetzung der Kündigung war sodann die Erhebung einer Räumungsklage notwendig, welche sich typischerweise zwischen sechs und zwölf Monaten hinzog. Sofern es der Mieter darauf anlegte, hatte er mannigfaltige Möglichkeiten, um die Erlangung des Räumungstitels zu verzögern. Während der gesamten Zeit zahlte der Mieter jedoch keine Miete und keine Betriebskostenvorauszahlungen. Gerade für private Vermieter konnte dies eine finanzielle Belastung darstellen, welche in zahlreichen Fällen nicht zu bewältigen war.

Die Reform sieht nun die Möglichkeit einer „Hinterlegungsanordung“ durch das Gericht vor. So soll der Vermieter, der wegen Zahlungsrückständen gekündigt hat, im laufenden Verfahren eine Anordnung des Gerichts erwirken können, die den Mieter dazu verpflichtet, die laufenden Mieten oder – nach der Kündigung – die Nutzungsentschädigung bei Gericht zu hinterlegen. Kommt der Mieter dieser Anordnung nicht nach, so ist die Räumung mittels einer einstweiligen Verfügung, also im Eilverfahren, möglich.

Ein solches Eilverfahren soll auch dann möglich sein, wenn bereits ein Räumungstitel für ein Mietobjekt erwirkt wurde und sich erst danach herausstellt, dass es weitere Bewohner gibt, die durch den bestehenden Räumungstitel nicht erfasst waren. Bisher musste sodann ein neues „normales“ Gerichtsverfahren durchgeführt werden.

Daneben soll ein alternatives Räumungsverfahren, die sogenannte „Berliner Räumung“ einen gesetzlichen Hintergrund erhalten.

d) Schließen einer Gesetzeslücke

Schließlich verfolgt die Reform das Ziel, eine Gesetzeslücke bezüglich des § 577a BGB zu schließen. Dieser bietet einen zeitlich begrenzten Kündigungsschutz für Mieter, deren Mietwohnung nach Beginn des Mietverhältnisses in Wohnungseigentum umgewandelt und weiterveräußert wird. Die Vorschrift soll vor Eigenbedarfskündigungen der neuen Eigentümer schützen.

In den letzten Jahren hat sich jedoch ein Umgehungstatbestand entwickelt, der als „Münchner Modell“ regelmäßig die Gerichte beschäftigt. Dabei wird das Mietobjekt vor Umwandlung in Wohnungseigentum durch eine GbR erworben und es werden weitere Gesellschafter aufgenommen, welche den späteren Sondereigentümern entsprechen. Erst wenn alle späteren Sondereigentümer in die GbR eingetreten sind, kommt es zur Umwandlung des Mietobjektes in Wohnungseigentum. Die Gesellschafter können sodann jeweils wegen Eigenbedarfs kündigen, da nach der Umwandlung keine weitere Veräußerung des jeweiligen Sondereigentums stattgefunden hat. Diese ist jedoch Tatbestandsvoraussetzung der bisherigen Regelung.

Die Neuregelung schließt diese Gesetzeslücke und formuliert zugleich einige (neue) Ausnahmen.

3. Kritik

Keine Gesetzesreform bleibt ohne Kritik. So hat bereits der BSI eine kritische Stellungnahme zur konkreten Umsetzung der geplanten Änderung abgegeben; ebenso der Deutsche Anwaltverein durch den Ausschuss Miet- und Wohnrecht. Auch andere Interessenverbände und die einzelnen politischen Fraktionen im Bundestag haben jeweils eigene und im Detail abweichende Vorstellungen von der Umsetzung der Mietrechtsreform.

Die geäußerten Kritiken lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Energetische Modernisierung

Durch die besondere Privilegierung der „energetischen Modernisierung“ eröffnen die neuen Regelungen Streitpotenzial, wenn die energetische Modernisierung mit anderen Modernisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen zusammentrifft. Dies wird in der Praxis häufig der Fall sein und es ist nicht geregelt, inwiefern die Privilegierung dann greifen soll. Dies gilt insbesondere für den geplanten dreimonatigen Minderungsausschluss.

Dieser birgt zudem die Gefahr, dass verschiedene energetische Moder­nisierungs­maßnahmen nicht gemeinsam, sondern nacheinander abgearbeitet werden, um den Minderungs­auschluss mehrfach nutzen zu können.

b) (Wärme-)Contracting

Die Regelungen zum Wärmecontracting werden von einigen Kritikern als vollkommen unnötig erachtet, da die bisherigen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ausreichend seien.

c) Vereinfachte Durchsetzung von Räumungsansprüchen

Hier wird insbesondere Kritik an der geplanten Hinterlegungs­anordnung geäußert. Die bisher vorgesehene Regelung stellt es quasi in das Ermessen des jeweiligen Gerichtes, ob dieses eine Hinterlegungs­anordnung trifft. Hier wünschen sich die Kritiker eine eindeutigere Regelung, welche dem jeweiligen Gericht weniger Ermessensspielr aum lässt.

4. Fazit

Aus wirtschaftlicher Sicht sind die neuen Regelungen zur „energetischen Modernisierung“ begrüßenswert. Diese werden, trotz einzelner Probleme, welche die Umsetzung mit sich bringt, dazu führen, dass die wirtschaftlichen Hürden für Vermieter bei geplanten Verbesserungen am Mietobjekt kleiner werden. Die Reform schafft den benötigten Risikoausgleich zwischen Vermieter und Mieter und versucht dabei, den wechselseitigen Interessen gerecht zu werden. Dass einzelne Interessen­verbände oder Fraktionen sich eine Verschiebung des Risikos zur einen oder anderen Seite wünschen, liegt wohl in der Natur der Sache.

Aus Vermietersicht sind daneben die neuen Regelungen rund um das Thema Kündigung und Räumung von Wohnraum positiv zu bewerten. Die bisherige Rechtslage hat den Vermieter bei betrügerisch agierenden Mietern nicht ausreichend geschützt. Wie sich die neuen Regelungen in der Praxis bewähren werden, bleibt abzuwarten, es handelt sich auf jeden Fall um einen Schritt in die richtige Richtung.

Sollten sich einige der im Rahmen der Kritik geäußerten Befürchtungen bewahrheiten, so bleibt zum Schluss die Gewissheit, dass dies nicht die letzte Mietrechts­reform bleiben wird. Auch zukünftig werden die rechtlichen Rahmen­bedingungen für die in Deutschland im besonderen Maße ausgeprägte Mietwirtschaft immer wieder an jeweils aktuelle Bedürfnisse anzupassen sein.

Kurzfazit

Die geplante Mietrechtsreform wird einige bestehende Schwächen und „Un­gerechtig­keiten“ der bisherigen Gesetzeslage ausgleichen. Gerade Vermieter profitieren von den neuen Regelungen zur energetischen Modernisierung und vereinfachten Räumung von Miet­nomaden.

Ob die geplanten neuen Gesetze alle praxistauglich sind, wird sich erst in der Anwendung durch die Gerichte zeigen. Möglicherweise zeigt sich Nachbesserungsbedarf.

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