Artikel erschienen am 01.04.2012
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Betreiberverantwortung im Facility Management

Eigentümer und Betreiber von Gebäuden sind zunehmenden Haftungsrisiken ausgesetzt

Von Reinhard Preis, Hannover

Eigentum (und Handeln) verpflichtet! Dieser rechtliche Grundsatz gilt auch für Gebäude und die darin befindlichen technischen Einrichtungen und für deren Betrieb. Der Gesetz­geber fordert die sorgfältige Wahr­nehmung von Verant­wortung durch Unter­nehmen und deren handelnden Personen. Dieser Pflicht nachzukommen, hat sich in den vergangenen Jahren durch die fort­schreitende Harmonisierung der europäischen Gesetz­gebung mit der entsprechenden Umsetzung in nationales Recht zunehmend erschwert. Darüber hinaus wurde im Rahmen von Deregu­lierungs­maßnahmen immer mehr Verant­wortung von Über­wachungs­organisationen – wie z. B. TÜV – auf die Unter­nehmen übertragen und damit das juristische Risiko durch die immer weiter wachsende Eigen­verantwortung der Unter­nehmens­vertreter erheblich erhöht.

Pflichten kennen und Risiken frühzeitig identifizieren

Der Betrieb von Gebäuden und Anlagen unterliegt Hunderten von Gesetzen, Ver­ordnungen, Richtlinien, Unfall­verhütungs­vor­schriften und sonstigen Bestim­mungen. Das mangelnde Wissen über die rechtlichen Pflichten erschwert den Verantwortlichen im Facility Management ein rechts­konformes Verhalten und führt oft zu Rechtsverletzungen in den Unternehmen. Die stark gestiegenen Anforderungen der Gesetzgeber bei der Wahrnehmung der Betreiberverantwortung durch die Eigentümer und Betreiber erfordern in vielen Unternehmen ein schnelles Umdenken. Häufig ist das Bewusstsein nicht vorhanden, dass bei Unfällen mit Personenschäden eine persönliche, strafrechtliche Haftung von Vorständen, Fachbereichsleitern oder anderen Verantwortlichen drohen kann. Aus diesen Gründen ist es für die Betreiber von Gebäuden und Anlagen wichtig, ihre Pflichten zu kennen und Risiken möglichst frühzeitig zu identifizieren. Dazu ist der Aufbau einer rechtssicheren Betriebsorganisation zwingend erforderlich.

Pflichtenübertragung

Die Pflichtenübertragung durch Delegation ist ein wesentliches Instrument, der gesetz­lichen Verantwortung nachzukommen. Eine wirksame Pflichtenübertragung an eigene Führungskräfte und Beschäftigte sowie an Fremddienstleister setzt diverse Grundregeln voraus. Dazu muss eine klare, eindeutige Definition der zu übertragenden Aufgaben erfolgen und eine sorgfältige Selektion von geeigneten Führungs­kräften/Be­schäftigten/Dienst­leistern durchführt werden. Ganz wesentlich ist auch die Ausstattung des Ver­pflichteten mit den erforderlichen Mitteln und Befugnissen sowie deren entsprechende An-/Ein-/Unter­weisung.

Arten der Pflichtenübertragung (Quelle: GEFMA-Richtlinie 190)

Besonders zu beachten ist, dass eine vollständige Übertragung der Betreiber­verant­wortung grundsätzlich nicht möglich ist und somit ein Teil der Verant­wortung immer beim Eigen­tümer/Be­treiber verbleibt.

Die praktische Umsetzung

Der Weg zur rechtssicheren Betriebsorganisation bedingt eine Analyse der bestehenden Aufbau- und Ablauforganisation, der vorhandenen Dienstleistungsverträge sowie die Überprüfung der gängigen Praxis beim An-/Ein-/Unterweisen der Verpflichteten. Hierzu empfiehlt es sich, bewährte Check­listen zu verwenden, die auch von FM-Beratungs­unter­nehmen erfolgreich angewendet werden. Im nächsten Schritt sind ggf. interne organisa­torische Korrekturen (z. B. Stellen­beschreibungen aktualisieren, Kompetenzen neu vergeben) vorzunehmen und die fremd­vergebenen technischen und infra­strukturellen FM-Dienst­leistungen neu auszu­schreiben. Damit kann die Delegation der Betreiber­verant­wortung auf die externen Dienst­leister durch die Nutzung aktueller Vertrags­werke nach neuesten Erkenntnissen erfolgen.

Beispiel Standardrahmenvertrag

Im laufenden Objekt­management­betrieb sollte eine regelmäßige Überprüfung der Einhaltung der Rahmen­bedingungen durch FM-Audits erfolgen.

Fazit

Die Wahrnehmung der Betreiber­verantwortung ist ein hochkomplexes Thema und durch die sich überlagernden Dimensionen von Technik, Organisation und Recht schwer zu beherrschen. Gerade deswegen ist eine professionelle Vorgehens­weise der Immobilien­eigentümer bei der Weiter­entwicklung hin zu einer rechts­sicheren Betriebs­organisation unbedingt erforderlich. Nur so kann die Wahr­nehmung der Betreiber­verantwortung nachhaltig sichergestellt und das Betreiber­risiko auf ein Minimum reduziert werden. Der deutsche Verband für Facility Management GEFMA hat sich diesem Thema ausführlich gewidmet und mit der Richtlinie 190 wertvolle Hinweise für Betreiber entwickelt.

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