Artikel erschienen am 01.04.2012
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Energiewende im Steuerrecht

Erneuerbare Energien und deren Einordnung im deutschen Steuerrecht

Von Ingo Berg, Braunschweig

Das deutsche Steuerrecht begleitet in den letzten Jahren durch mehrere Schreiben des Bundesfinanzministeriums und Urteile der Finanzgerichte sowie des Bundesfinanzhofs die Maßnahmen zur Energiewende. Die Einordnung der Investitionen bzw. das Betreiben von Anlagen zur Erzeugung von der „erneuerbaren“ Energie in das deutsche Steuerrecht ist ein nicht unerheblicher Faktor bei der Entscheidung der Investoren. Die Verbindung einer sinnvollen Zukunftsinvestition mit einer positiven steuerlichen Wirkung ist im Einzelfall vorab zu prüfen.

Wir möchten nachfolgend aus der Vielzahl von Möglichkeiten auf dem Gebiet der erneuerbaren bzw. alternativen Energien, die Bereiche Photovoltaikanlagen, Solarthermie und Blockheizkraftwerke und deren Einordnung im deutschen Steuerrecht darstellen.

Photovoltaikanlagen: Strom, Sonne, Steuer

Bei der Investition in eine Photo­voltaikanlage ist zu unter­scheiden, ob der Strom gegen eine Einspeisevergütung über einen langen Zeitraum in das Stromnetz eingespeist oder vom Betreiber der Photovoltaikanlage selbst verwendet wird.

Die Einspeisung in das Stromnetz hat zur Folge, dass Privatpersonen durch die Investition in eine Photovoltaik­anlage steuerrechtlich zum Gewerbetreibenden werden. Die Strom­erzeugung und Lieferung in das Stromnetz ist eine gewerbliche Tätigkeit und führt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Einkommen­steuergesetz (EStG). In den häufigsten Fällen wird über die Abschreibungs­dauer von 20 Jahren der Anschaffungs­kosten der Gewinn unter dem gewerbe­steuerlichen Freibetrag von 24 500 Euro liegen. Eine evtl. Gewerbe­steuer­belastung wird in der Einkommensteuer gem. § 35 EStG bei der Einkommen­steuer­festsetzung berücksichtigt. Weitere Betriebsausgaben ergeben sich aus der Finanzierung der Investition und deren laufendem Betrieb. Der Gewinn wird in der Regel durch eine Einnahme-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Dies ermöglicht es unter Umständen, über den Jahreswechsel einen Progressions­vorteil in Anspruch zu nehmen. Wenn die Photo­voltaik­anlage Ende des Kalenderjahres installiert wird, so ist die abziehbare Vorsteuer bereits im Investitions­jahr als Betriebs­ausgabe zu berücksichtigen. Die Erstattung des Vorsteuer­guthabens erfolgt sodann erst im Folgejahr nach dem 10.01. und ist dort als Betriebs­einnahme zu besteuern. Für die Investition kann unter Umständen auch im Vorjahr der Investition ein Investitionsabzugsbetrag bis zu 40 % und im Folgejahr eine Sonder­abschreibung von bis zu 20 % der Anschaffungs­kosten steuermindernd berücksichtigt werden.

Abschließend geklärt ist, dass sowohl auf dem Dach aufgesetzte Anlagen sowie dachintegrierte Anlagen bewegliche Wirtschafts­güter sind. Anfallende Dachsanierungen für die Installation einer Photovoltaik­anlage sind entweder als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Gebäudes oder als Erhaltungs­aufwendungen zu berücksichtigen. Für die selbst genutzten Häuser können die Arbeitsleistung der Dachsanierung im Rahmen des § 35a EStG mit max. 6 000 Euro (20 % Abzug von der Einkommensteuer) geltend gemacht werden.

Im Umsatzsteuerrecht wird mit der Investition die Privatperson zum Unternehmer. Die Options­möglichkeit, bei Umsätzen (Einnahmen aus der Stromerzeugung) jährlich unter 17 500 Euro die Klein­unternehmer­regelung gem. § 19 UStG in Anspruch zu nehmen, ist in der Regel finanziell nicht attraktiv. Die Wahl der Regel­besteuerung hat die positive Folge, dass aus den Investitions­kosten für die Photo­voltaik­anlage die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstattet wird. Die Umsatzsteuer aus den Strom­lieferungen ist an das Finanzamt abzuführen.

Die Investition einer Photo­voltaikanlage durch einen Unternehmer ist hinsichtlich der Zuordnung in den bestehenden Betrieb bzw. die Begründung eines weiteren Betriebes zu prüfen. Der Bundesfinanzhof hat in seinen Urteilen vom 15.9.2010 (Az. X R 21/08 und Az. X R 22/08) entschieden, unter welchen Voraus­setzungen das Betreiben eines Unter­nehmens und einer Photovoltaik­anlage einen einheitlichen Gewerbe­betrieb bildet. Die Strom­erzeugung und entgeltliche Einspeisung in das Stromnetz kann unter Umständen zu einem gesonderten geführten Betrieb führen. In den Fällen, wo der Unternehmer den erzeugten Strom für seinen eigenen Betrieb verwendet, liegt ein einheitlicher Betrieb vor. Die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme eines Investitions­abzugs­betrages im Jahr vor der Investition und Sonder­abschrei­bungen besteht im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des § 7g EStG.

Die umsatzsteuerlichen Sachverhalte sind im Rahmen des bereits bestehenden Unternehmens zu berücksichtigen.

Solarthermische Anlagen: Wärme, Sonne, Steuer

Solarthermische Anlagen zur Erzeugung von Warmwasser werden in Privathaushalten steuerlich nicht gefördert. Für vermietete Häuser hingegen sind die Investitionen in solarthermische Anlagen entsprechend einem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 14.7.2004 (Az. IX R 52/02) als Erhaltungs­aufwendungen sofort zu berücksichtigen.

Die Investition im Rahmen bestehender Unternehmen ist auf die Nutzungsdauer (zehn Jahre) linear über die Abschreibung zu verteilen. Unter den Voraussetzungen des § 7g EStG können ggfs. die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags bzw. einer Sonder­abschreibung in Anspruch genommen werden.

Blockheizkraftwerke: Wärme, Strom, Steuer

Blockheizkraftwerke sind bewegliche Wirtschaftsgüter mit einer Nutzungsdauer von zehn Jahren. Der Betrieb eines Blockheiz­kraftwerkes führt zu Wärme- und Stromerzeugung, die entweder selbst genutzt, der Strom eingespeist oder die Wärme und der Strom an den Mieter geliefert werden. Die entgeltliche Einspeisung von Strom führt zu Einkünften aus Gewerbe­betrieb und der Umsatz­steuerpflicht entsprechend den Ausführungen zu den Photo­voltaik­anlagen. Die Wärme- und Stromlieferungen sind Nebenleistungen zur Wohnungs­vermietung (Abschn. 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE) und somit umsatzsteuerfrei. Zu der umsatzsteuerlichen Behandlung von Blockheiz­kraft­werken ist das BMF-Schreiben vom 14.3.2011 zu beachten.

Die ohne Frage sinnvolle Investition in erneuerbare bzw. alternative Energien kann unter günstigen Voraus­setzungen durch einige attraktive steuerliche Nebeneffekte flankiert werden.

Info

Im noch nicht endgültig verabschiedeten Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungs­maßnahmen an vermieteten oder selbst genutzten Wohn­gebäuden (Baujahr älter als 1995) ist vorgesehen, die Investitions­aufwendungen unter bestimmten Voraus­setzungen über einen Zeitraum von zehn Jahren steuermindernd zu berücksichtigen. Es ist ratsam, mit dem Beginn der Sanierung noch bis zur Verabschiedung des Gesetzes zu warten.

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