„Lückenschließung“ in der Pflegelandschaft
Neue Chancen für kleine Heime
Von Dipl.-Ing. Antti Ahola, Braunschweig
Die finanziellen Vorteile von Größe sind den großen Betreibergesellschaften seit Langem bekannt. So können in Wohnheimen mit 100 und mehr Bewohnern die Arbeitsabläufe sehr effizient gestaltet werden. Einrichtungen wie Küchen oder Wäschereien und zusätzliche Angebote wie Frisör, Fußpfleger oder Physiotherapie sind erst bei einem größeren Kundenkreis rentabel.
Auch müssen die Strukturen der großen Betreibergesellschaften mit Geschäftsführung, Vorständen, Aufsichtsräten und der dazugehörigen Verwaltung in der Kostenkalkulation der Pflegeheime berücksichtigt werden. Damit blieb von einem „Heim“ nicht mehr viel übrig. Daher versuchen auch die Gesetzgeber der verschiedenen Länder seit vielen Jahren dieser Tendenz Grenzen zu setzen. Zum Beispiel wurde in Nordrhein-Westfalen durch das „Wohn- und Teilhabergesetz“ die maximale Größe eines Pflegeheimes auf 80 Bewohner reduziert.
Die vorgenannte Entwicklung hat auch dazu geführt, dass eine immer höhere Konzentration an Pflegeheimen in den Ballungsgebieten, den größeren Städten und Ortschaften entstanden ist.
Kleinere Ortschaften können solche großen Pflegeheime nicht aus eigener Kraft füllen. Das hat dazu geführt, dass die älteren Menschen, sofern sie von den Angehörigen nicht mehr gepflegt werden können, bei Pflegebedürftigkeit aus ihren Heimatorten in die größeren Städte und Ortschaften umsiedeln müssen. In der Folge müssen die Angehörigen, seien es die Lebenspartner, die eigenen Kinder – häufig bereits auch schon im Rentenalter – oder die Enkel und Urenkel, für Besuche große Entfernungen auf sich nehmen. Das Aufrechterhalten der notwendigen sozialen Kontakte wird so deutlich erschwert.
Gerade dies birgt jedoch die große Chance für die Betreiber kleinerer Heime. Die einfacheren Gesellschaftsstrukturen der Betreiber als Personengesellschaften, in denen der Heimleiter sein eigener Geschäftsführer ist und ein oder einige wenige Pflegeheime leitet, sind deutlich kostengünstiger als bei großen Organisationen. Durch übersichtliche, sehr persönliche Belegschaftsstrukturen entsteht eine Vertrautheit, die auch freundschaftlich werden kann und die bei den Bewohnern spürbar ankommt.
Das Errichten eines Betriebs mit 30 bis 45 Pflegeplätzen wird von den großen Wohlfahrtsverbänden aus ökonomischen Gründen gar nicht in Betracht gezogen. Gerade das bietet diesen kleinen Betreibern einen zusätzlichen Schutz.
Diese Standorte bieten weitere Vorteile auch in rein finanzieller Hinsicht. Die Grundstückspreise für diese Heime sind im Vergleich zu den größeren Ballungsgebieten unschlagbar niedrig. Häufig unterstützen die kommunalen Strukturen kleine Heime, da eine wichtige soziale Funktion erfüllen und somit politisch über alle Parteigrenzen hinweg gewünscht sind.
Gerade auch diese Nähe zum Gemeindeleben öffnet weitere Möglichkeiten, wirtschaftlich starke, unterstützende Wirkungen ausüben zu können, z. B. die Eingliederung zusätzlicher Einrichtungen, wie ambulante Pflegedienste, Tagespflege oder Kindergärten.
Viele dieser Heime sind trotz ihrer geringen Größe in der Lage, vor Ort zu kochen, insbesondere wenn die Küche andere Einrichtungen wie Grundschulen oder Kindergärten mitbeliefert.
Bei genauer Betrachtung der Pflegelandschaft sind noch reichlich geeignete „Flecken“ für diese kleinen Heime vorhanden. Die Alterspyramide, die in Wirklichkeit eine Zwiebel ist, wird auch weiterhin eine gute Basis für solch eine Nachverdichtung bieten.
Foto: Panthermedia