Artikel erschienen am 01.03.2014
E-Paper

Die vorausschauende projektbegleitende Rechtsberatung

Von Ilka Hahne, Braunschweig

Um beim Kauf von Gewerbeimmobilien spätere unliebsame Überraschungen auszuschließen, sollte vorab grundsätzlich eine Due Diligence durchgeführt werden. Im Vordergrund stehen regelmäßig wirtschaftliche Fragen. Neben der Prüfung von Grundbuch- und Katasterunterlagen, eventuellen Vorerwerbsverträgen sowie sonstigen vertraglichen Vereinbarungen mit Dritten kommt der Prüfung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen eine – oft unterschätzte – besondere Bedeutung zu.

1. Zulässige Nutzungen

Eine der wichtigsten Fragen beim Erwerb einer Gewerbeimmobilie ist das Baurecht. Bei Bestandsimmobilien erscheint das zunächst unproblematisch. Nicht selten kommt es jedoch vor, dass die bestehende Nutzung gar nicht genehmigt ist. Grund dafür können bauliche Veränderungen oder Nutzungsänderungen in der Vergangenheit sein, ohne dass hierfür eine Genehmigung eingeholt wurde. Möglicherweise will der Investor die bisherige Nutzung aber auch ändern. Dann ist ein vertiefter Blick auf den Bebauungsplan (wenn vorhanden) oder auf die Umgebungsbebauung zwingend.

Nutzungsbeschränkungen können sich zunächst aus einem bestehenden Bebauungsplan ergeben. Hier ist vorab zu klären, ob ein Bebauungsplan vorhanden und welche Nutzung für das Grundstück festgesetzt ist. Anderenfalls sind Informationen über den Gebiets-charakter gemäß Flächennutzungsplan und der näheren Umgebung einzuholen.

Zwingend sollte die Baugenehmigung bezüglich der Frage, ob der Bestand und seine Nutzung genehmigt sind, geprüft werden. Weit verbreitet ist der Irrtum, dass eine langjährige tatsächliche Nutzung die Baugenehmigung ersetzt. Beabsichtigte Nutzungsänderungen sind grundsätzlich genehmigungspflichtig. So kann auch eine bloße Umnutzung zur Genehmigungspflicht führen, wenn sie eine gewisse baurechtliche Relevanz ausweist, d. h., wenn der Nutzungszweck so verändert wird, dass die bisherige Variationsbreite verändert wird (z. B. Umnutzung eines Kinos oder einer Diskothek zur Spielhalle, Verwertung von Bauschutt anstelle von Lagern von und Handeln mit Schrott).

Vorsicht ist geboten bei Nutzungsänderungen, bei denen das Gebäude die Abstandsvorschriften nicht einhält und insoweit lediglich Bestandsschutz genießt. Nutzungsänderungen, die über diesen Bestandsschutz hinausgehen, führen in der Regel zu einer von Grund auf neuen baurechtlichen Prüfung mit der Folge, dass die Abstandsvorschriften grundsätzlich neu zu berücksichtigen sind.

2. Öffentlich-rechtliche Verpflichtungen

Nicht selten gibt es Zahlungsverpflichtungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorgaben oder infolge einer „gefährlichen“ Nutzung des Grundstücks. Verpflichtungen können sich vor allem aus städtebaulichen Verträgen oder sonstigen Vereinbarungen zwischen dem bisherigen Eigentümer und der Kommune ergeben. Neben Baubeschränkungen oder Bauverpflichtungen können hier auch finanzielle Forderungen auf den Erwerber zukommen. Die Verpflichtungen gehen jedoch nicht automatisch auf den neuen Eigentümer über, sondern nur, wenn dieser sie vertraglich übernimmt. In der Regel wird sich der bisherige Eigentümer zur Übertragung der Vereinbarungen auf seinen Rechtsnachfolger verpflichtet haben und das auch umsetzen.

Das Immobilien-Fachteam: Sebastian Staats, Michael Stern, Ilka Hahne, Andreas Jahr, Steffen Helbing LL.M. MBA, René Weidig (v. l. n. r.)

Geklärt werden sollte auch, ob sämtliche Erschließungskosten bereits beglichen sind oder zukünftig mit Beiträgen für Erschließung oder Straßenausbau zu rechnen ist. Liegt das Grundstück in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet, können ebenfalls Ausgleichsbeiträge drohen. Hier ist darüber hinaus die Genehmigungsbedürftigkeit des Grundstückserwerbs sowie des Abschlusses von Nutzungsverträgen auf bestimmte Zeit von mehr als einem Jahr zu beachten.

Besondere Aufmerksamkeit verlangt die Beurteilung der Umwelt- und Altlastensituation, soweit Anhaltspunkte für eine Belastung oder eine mögliche umweltrelevante Nutzung vorhanden sind. Grundsätzlich sollte eine Auskunft aus dem Altlastenkataster ein-geholt werden. Grundstückseigentümer können grundsätzlich unabhängig von Verursachung, Verschulden und Kenntnis zur Gefahrenbeseitigung herangezogen werden.

3. Worauf sollte man sonst noch achten?

In jedem Fall sollte das Baulastenverzeichnis eingesehen werden, denn auch hieraus können sich Beschränkungen bzw. Verpflichtungen ergeben, die aus dem Grundbuch nicht ersichtlich sind. Des Weiteren empfiehlt sich eine Erkundigung, ob die Gemeinde Satzungen mit Einfluss auf bauliche Anlagen erlassen hat. Dazu gehören Gestaltungssatzungen und z. B. Satzungen zum Baumschutz, zu Stellplätzen, zur Landschaft und zum Naturschutz.

Darüber hinaus sind Informationen über eventuell laufende Genehmigungsverfahren, früher abgelehnte Bauanträge und aktuelle außergerichtliche oder gerichtliche Rechtsstreitigkeiten von Bedeutung.

Bei größeren Vorhaben empfiehlt sich in jedem Fall die rechtliche Vorprüfung durch eine darauf spezialisierte Anwaltskanzlei. Die Kosten dieser Beratung werden für gewöhnlich durch die Einsparungen bei den Folgekosten mehr als ausgeglichen und dienen dem Schutz der eigentlichen Investition.

Ähnliche Artikel

Immobilien

Immobilien in der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist im Bereich der Erbschaftsteuer eine große Unsicherheit aufgetreten, welche Änderungen der Gesetzgeber im aktuellen Erbschaftsteuergesetz vornimmt. Grundsätzlich bezieht sich das Urteil nur auf die Verschonungsregelungen zum Betriebsvermögen und die herrschende Meinung geht auch so weit, dass sich die kommenden Änderungen nur auf diesen Punkt beziehen werden.

Braunschweig 2015/2016 | Dipl.-Kfm. Jörg Bode, Braunschweig | Dipl.-Kfm. Matthias Zeitz, LL.M., Magdeburg

Immobilien

Erneuerbare Energien – was rechnet sich wirklich?

Ein Systemvergleich hat alle Kosten zu berücksichtigen. Auch die Nutzungskosten.

Seit dem 01.01.2009 ist das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) durch Bauherren einzuhalten. Das Wärmegesetz soll den Anteil erneuerbarer Energien im Wärmebereich bis 2020 von derzeit ca. 6 auf dann hoffentlich 14 % erhöhen.

Braunschweig 2013 | Dipl.-Ing. Jan Laubach, Braunschweig