Artikel erschienen am 14.04.2015
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Nachtragsmanagement am Bau

Nachtragsforderungen und Nachtragsprüfung rechtssicher gestalten

Von Bernhard Motzkus, Braunschweig

Häufiger Streitpunkt bei Bauvorhaben sind Forderungen des Auftragnehmers nach einer zusätzlichen Vergütung. Derartige Ansprüche werden zusammengefasst als Nachträge bezeichnet, unabhängig davon, aus welchem Grund sie geltend gemacht werden. Oftmals sind geänderte bzw. zusätzliche Leistungen Anlass für solche Nachtragsforderungen.

Geänderte oder zusätzliche Leistungen liegen bspw. vor, wenn sich der Bauherr nachträglich entscheidt, den Zuschnitt der Räume zu verändern oder zusätzlich eine Klimaanlage einzubauen. Eine Änderung des Leistungsumfanges nach Abschluss des Vertrages sehen die gesetzlichen Regelungen des BGB nicht vor und bedürfen grundsätzlich einer entsprechenden Änderungsvereinbarung. Die Parteien können aber die Geltung der VOB/B vereinbaren, also besonderer Vertragsbedingungen für Bauleistungen. In diesem Fall kann der Bauherr einseitig zusätzliche Leistungen verlangen bzw. die Leistungen ändern, wobei die zusätzliche Vergütung vor der Ausführung der geänderten oder zusätzlichen vereinbart werden soll, allerdings nicht muss.

In vielen Fällen sind Bauherr und Auftragnehmer uneinig, ob überhaupt eine zusätzliche oder geänderte Leistung vorliegt bzw. darüber, wie diese zu vergüten ist. Häufig wird erst einmal weitergearbeitet und die Klärung der Vergütungsfrage zurückgestellt.

Kommt es noch vor Beendigung der Baumaßnahme zu Auseinandersetzungen über die zusätzliche Vergütung, droht die Gefahr, dass der Auftragnehmer seine Leistungen mit der Begründung einstellt, ihm werde eine ihm zustehende Abschlagszahlung verweigert. Kommt es zu einer Leistungseinstellung, kann dies den Bauherrn zur Kündigung des Vertrages veranlassen.

Derartige Szenarien führen in aller Regel zu erheblichen Mehrkosten wegen einer Verlängerung der Bauzeit und der Beauftragung eines Ersatzunternehmers. Rechtsstreitigkeiten über die Frage der Rechtmäßigkeit der Kündigung und damit der Berechtigung zur Leistungseinstellung schließen sich an. Diese sind für beide Seiten mit erheblichen Risiken verbunden. Hat der Auftragnehmer die Forderung zu Unrecht geltend gemacht, war er zur Einstellung der Arbeiten nicht berechtigt. Die Kündigung durch den Bauherrn war dann rechtmäßig und der Auftragnehmer ist zum Schadensersatz verpflichtet. War der Auftragnehmer hingegen im Recht, muss der Bauherr seine zusätzlichen Kosten selbst tragen und den vollen Werklohn (abzüglich der dort ersparten Kosten) auch an den zu Unrecht gekündigten Auftragnehmer zahlen.

Aber auch wenn die Frage der Nachtragsvergütung erst mit der Schlussrechnung geklärt werden soll, droht nach Abschluss des Bauvorhabens eine langwierige Auseinandersetzung über die Berechtigung der Forderungen. Häufig lassen sich die Grundlagen der Abrechnungen nicht mehr prüfen, da es an anerkannten Aufmaßen bzw. gemeinsamen Leistungsfeststellungen fehlt. In einem Vergütungsprozess müssen dann kostenintensive Sachverständigengutachten eingeholt werden, deren Erkenntnisgewinn aber u. U. relativ gering ist. Hinzu kommt, dass die Ermittlung der Vergütung in rechtlicher Hinsicht sehr komplex ist.

Es empfiehlt sich daher für beide Vertragsparteien, noch während der Ausführungsphase eine rechtlich eindeutige Vereinbarung über die Vergütung von Nachträgen zu schließen. In der Praxis ist dabei häufig zu beobachten, dass die Vertragsparteien meinen, sich z. B. vor Ort geeinigt zu haben. Später interpretieren beide Vertragspartner die z. B. in einem Baustellenprotokoll niedergelegte Vereinbarung aber ganz anders.

Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass sich die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für zusätzliche und geänderte Leistungen in einem VOB/B-Vertrag von den gesetzlichen Vorschriften erheblich unterscheidet, müssen entsprechende Nachtragsforderungen in rechtlicher Hinsicht gut begründet sein. Ebenso bedarf es aufseiten des Bauherrn einer auch rechtlich fundierten Prüfung des Nachtrages.

Häufig ist festzustellen, dass sowohl die Kalkulation des Nachtrages als auch die Prüfung des Nachtrages erheblich von den vertraglichen Vereinbarungen abweicht. Die Grundlagen der Nachtragskalkulation legen die Parteien bereits bei Vertragsabschluss fest. Die Stellung und Prüfung eines Nachtrages kann nicht losgelöst von diesen vertraglichen Vereinbarungen auf Basis allgemeiner Erfahrungswerte oder ortsüblicher Preise erfolgen. Vielmehr ist es unabdingbar, die rechtlichen Voraussetzungen zu ermitteln.

Wird bei der Nachtragserstellung und -prüfung berücksichtigt, welche Parameter die Parteien im ursprünglichen Bauvertrag für Nachträge vereinbart haben, lässt sich eine streitige Auseinandersetzung häufig vermeiden. Dies liegt nicht nur im Interesse des Auftragnehmers, sondern auch im Interesse des Bauherrn. Denn ein Vergütungsprozess beinhaltet für beide Seiten ein nur schwer abschätzbares prozessuales Risiko, verbunden mit erheblichen Arbeitsaufwand und zusätzlichen, letztlich für beide Seiten verlorenen Kosten.

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