Artikel erschienen am 14.05.2017
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Immobilienbesteuerung bei Erwerb, Besitz und Veräußerung

Von Dominic Groß, Braunschweig | Dimitrios Giannakopoulos, Braunschweig

Die Anschaffung einer Immobilie ist für viele heutzutage vor dem Hintergrund der bestehenden Niedrigzinsphase eine fast ausweglose Alternative zum Vermögensaufbau sowie zur Vermögenssicherung und -übertragung. Glaubt man den Aussagen der Banken und Finanzanalysten, wird das Zinsniveau auch mittelfristig keine signifikanten Änderungen erfahren. Zudem führen der anhaltende Urbanisierungstrend sowie die Anforderungen an altersgerechtes Wohnen zu einer Wohnungsknappheit. Und das nicht nur in den Metropolen, wie Berlin, Frankfurt, Hamburg, München oder Düsseldorf sondern auch in unseren leistungsstarken Regionen Braunschweig und Wolfsburg.

Dabei haben Käufer bzw. Investoren von Immobilien bereits vor Erwerb viele wichtige Entscheidungen zu treffen.

Gegenstand des nachfolgenden Artikels sind die steuerlichen Auswirkungen bei Erwerb, Besitz und Veräußerung von Renditeimmobilien, die einen erheblichen Einfluss auf die Finanzierung haben können.

Insbesondere die Fragestellung, zu welchem Zeitpunkt sich geleistete Aufwendungen steuerlich mindernd auswirken, wodurch der Liquiditätsabfluss aus der vorgenommen Maßnahme durch einen steuerlichen Zufluss kompensiert wird, ist für die Finanzierung von erheblicher Bedeutung.

Dabei sollten die folgenden vier Aspekte besondere Beachtung erfahren:

1. Steuerliche Behandlung der Anschaffungskosten
2. Steuerliche Behandlung der laufenden Einnahmen und Ausgaben
3. Steuerliche Behandlung von Erhaltungsaufwendungen
4. Steuerliche Behandlung bei Veräußerung der Immobilie

1. Steuerliche Behandlung der Anschaffungskosten

Die Anschaffungskosten müssen über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Steuerlich sind bei einem heutigen Erwerb verschiedene Abschreibungssätze zwischen 2 % und 3 % je nach Verwendungszweck der Immobilie zulässig. Abschreibungsfähig ist hierbei nur der Gebäudeteil. Für den Grund und Boden ist eine planmäßige Abschreibung nicht möglich. Lediglich bei im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücken kann eine außerplanmäßige Abschreibung in Betracht kommen. Bei denkmalgeschützten Immobilien können außerdem isoliert für begünstigte Sanierungsmaßnahmen erhöhte Abschreibungssätze geltend gemacht werden.

2. Steuerliche Behandlung der laufenden Einnahmen und Ausgaben

Die Einnahmen und Ausgaben aus der Vermietung der Immobilie sind abhängig von der gewählten Rechtsform steuerlich zu berücksichtigen.

Bei Immobilien im steuerlichen Privatvermögen gilt das Zu- und Abflussprinzip. Das bedeutet, dass Einnahmen und Ausgaben in dem Veranlagungsjahr zu berücksichtigen sind, in dem die Zahlungen erfolgten.

Bei Immobilien im steuerlichen Betriebsvermögen kann je nach gesetzlich geforderter Gewinnermittlungsart auch eine periodengerechte Zuordnung notwendig sein, sodass z. B. bei Immobilien im Besitz einer GmbH, die Einnahmen und Ausgaben dem Veranlagungszeitraum zuzurechnen sind, indem sie wirtschaftlich entstanden sind, und damit unabhängig von ihrer Bezahlung.

Bei der Bemessung der Miete ist darauf zu achten, dass die Bruttowarmmiete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Liegt die vereinbarte Miete unterhalb dieses Wertes, werden die Werbungskosten in entsprechender Höhe gekürzt und wirken sich demnach nicht mehr in voller Höhe steuermindernd aus.

Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass bei einem Betrachtungszeitraum von 30 Jahren ein Totalüberschuss erreicht wird. Hier sollte zum Zeitpunkt des Immobilienerwerbs eine Totalüberschussprognose aufgestellt werden. Allerdings kann auch nachträglich ein längerer Leerstand einer Immobilie zum Verlust der Gewinnerzielungsabsicht führen, sodass Werbungskosten steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden können.

3. Steuerliche Behandlung von Erhaltungsaufwendungen

Eine große Rolle spielen kostspielige Instandhaltungsmaßnahmen. Insbesondere aufgrund der Finanzierung dieser größeren Erhaltungsaufwendungen gilt es einige steuerliche Besonderheiten zu berücksichtigen.
Werden innerhalb von drei Jahren nach Besitzübergang einer Immobilie Instandhaltungsmaßnahmen vorgenommen, die netto den Betrag von 15 % des Gebäudewertes (ohne Anteil am Grund und Boden) übersteigen, werden die gesamten Erhaltungsmaßnahmen als anschaffungsnahe Herstellungskosten eingestuft und erhöhen damit die Anschaffungskosten des Gebäudes und können wiederum nur mit dem niedrigen Abschreibungssatz steuerlich mindernd berücksichtigt werden. Nach Möglichkeit sollten daher in den ersten drei Jahren nur die notwendigsten Renovierungsarbeiten vorgenommen werden oder insofern ein Aufschieben der Sanierung nicht möglich ist, die Finanzierung der Maßnahmen sichergestellt sein. Die Kosten für den Abriss einer Immobilie können ebenfalls Herstellungskosten der neu gebauten Immobilie darstellen, wenn bei Erwerb des Grundstücks bereits die Abrissabsicht bestand.

Daneben stellen Aufwendungen für die Erweiterung bzw. Umnutzung einer Immobilie regelmäßig abschreibungspflichtige Herstellungskosten dar.

Ein weiterer zu beachtender Punkt bei hohen Sanierungskosten ist die Durchführung einer Standardhebung. Die Finanzverwaltung gliedert Immobilien in die Standardgruppen einfach, mittel und gehoben ein. Kommt es bei der Sanierung zu einer Standardhebung, z. B. von mittel zu gehoben, stellen diese Instandhaltungsaufwendungen ebenfalls abschreibungspflichtige Herstellungskosten dar. Eine Standardhebung wird angenommen, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mindestens bei drei der vier Bereiche: Elektro, Sanitär, Fenster und Heizung, wesentliche Verbesserungen vorgenommen werden. Insofern aber der Standard gleich bleibt, können die Aufwendungen als sofort abziehbare Betriebsausgabe geltend gemacht werden und so zur Finanzierung der Maßnahmen beitragen. Die bloße Reparatur und/oder die Ersetzung des Vorhandenen durch zeitgemäßes Neues führt zu keiner wesentlichen Verbesserung.

4. Steuerliche Behandlung bei Veräußerung der Immobilie

Die steuerliche Behandlung einer Immobilie hängt von der Zuordnung der Immobilie zum steuerlichen Privat- oder Betriebsvermögen ab. Immobilien, die sich im steuerlichen Privatvermögen befinden, können nach zehn Jahren ertragsteuerfrei veräußert werden. Der Zehnjahreszeitraum beginnt und endet jeweils mit Abschluss der notariellen Kaufverträge.

Befinden sich Immobilien hingegen im steuerlichen Betriebsvermögen, sind diese auf ewig steuerlich verhaftet. Bei der Veräußerung bzw. Überführung einer Immobilie aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen sind die bis zu diesem Zeitpunkt aufgebauten stillen Reserven ertragsteuerpflichtig.

Deshalb sollte bereits bei Erwerb einer Immobilie abgewogen werden, inwieweit der Erwerber von Wertsteigerungen aus der Immobilie ausgeht und wie lange die geplante Haltedauer sein wird. Konstruktionen mit Kapitalgesellschaften, die dazu führen sollen, dass die laufenden Erträge ertragsteuerlich begünstigt besteuert werden, können bei einer Haltedauer von mehr als 10 Jahren dazu führen, dass der daraus resultierende steuerliche Vorteil durch den Nachteil aus dem steuerpflichtigen Verkauf der Immobilie kompensiert wird.

Handlungsempfehlung

Wir empfehlen Ihnen daher, rechtzeitig vor Erwerb einer Immobilie Ihr Vorhaben mit den entsprechenden steuerlichen Auswirkungen abzustimmen und gegebenenfalls anzupassen, um die Finanzierung der Maßnahme sicherzustellen und bestenfalls zu optimieren.

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