Artikel erschienen am 18.06.2019
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Nur Feuer, Leitungswasser, Sturm? Die moderne Gebäudeversicherung kann mehr

Wie Sie die Grundabsicherung Ihrer Immobilie ausbauen

Von Julia Heine, B.Sc., Braunschweig

Für einen Immobilieneigentümer gehört die Gebäudeversicherung zu den wichtigsten Versicherungen überhaupt. Die Grundgefahren Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel hat inzwischen fast jeder Hauseigentümer abgesichert. Doch reicht diese Standardabsicherung in Zeiten von zunehmenden Wetterextremen noch aus? Welchen Gefahren muss sich ein Hausbesitzer in der heutigen Zeit aussetzen und welche Versicherung leistet? Wir haben Frau Julia Heine zum Thema Gebäudeabsicherung im Haus Döhler Hosse Stelzer gefragt.

Ist die Grundabsicherung, die eine Gebäudeversicherung dem Hausbesitzer bietet, Ihrer Meinung nach ausreichend?
Heine: Die Frage ist schwierig zu beantworten, denn grundsätzlich ist der Versicherungsschutz immer eine subjektive Angelegenheit. Was für den einen als versicherungswürdig erscheint, stuft ein anderer nicht einmal als ein mögliches Risiko ein. Die klassischen Gefahren in einer Gebäudeversicherung sind Feuer, Leitungswasser sowie Sturm und Hagel. Viele der möglichen Schäden sind damit auch tatsächlich abgedeckt. Um den Versicherungsschutz individuell auf jede Immobilie anpassen zu können, bietet der Versicherungsmarkt eine Vielzahl von Möglichkeiten, diesen zu erweitern.

Welche zusätzlichen Absicherungsmöglichkeiten bietet der Versicherungsmarkt?
Heine: Aufgrund der zunehmenden Wetterextreme stellt in erster Linie die sogenannte Elementarversicherung eine wichtige Zusatzdeckung dar. Aber auch Erweiterungen wie die Glasbruchversicherung oder die Absicherung von unbenannten Gefahren können für einige Hausbesitzer sehr interessant sein. Über eine zusätzliche Terrorversicherung müssen sich Eigentümer von Immobilien mit einem Wert von mehr 10 Mio. Euro auf jeden Fall Gedanken machen.

Warum ist eine zusätzliche Elementar­versicherung wichtig?
Heine: Vor dem Klimawandel kann man die Augen nicht mehr verschließen. Auch die Experten sind sich fast einstimmig sicher, dass wir uns in den nächsten Jahren auf immer mehr Wetterextreme einstellen müssen. Mit der Deckungserweiterung für Elementarschäden haben Hausbesitzer die Möglichkeit, sich auf das Wetter von morgen einzustellen und ihre Immobilie optimal abzusichern.

Welche Deckungserweiterung bietet eine Elementarversicherung?
Heine: Die Elementarversicherung deckt Schäden durch bestimmte Naturgewalten ab. Erfasst sind dabei unter anderem Schäden durch Hochwasser und Überschwemmungen, Schneedruck und Lawinen, Erdbeben und Erdrutsche.

Für wen ist diese Absicherung interessant?
Heine: Grundsätzlich für alle Hausbesitzer, egal ob die Immobilie privat oder gewerblich genutzt wird. Einige Landesregierungen haben bereits werbliche Versicherungsinitiativen gestartet, um Hausbesitzer auf diese Gefahren aufmerksam zu machen. Der Hilfsfonds für die Opfer von Elementarschäden wurde gestrichen. Die Eigentümer sollen wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen. Hilfszahlungen erhält tatsächlich nur derjenige, der sich nicht hätte selbst versichern können.

Und was kostet dieses zusätzliche Deckungskonzept?
Heine: Diese Zusatzabsicherung ist nur in Verbindung mit einer Gebäude- bzw. Hausratversicherung möglich. Die Beiträge werden durch die Objektlage und das Schadenrisiko, insbesondere das Hochwasserrisiko, beeinflusst. Die Versicherer haben jedoch neue Tarifierungssysteme angekündigt. Bekam bisher nur der Hausbesitzer, dessen Immobilie in Flussnähe stand, einen Risikozuschlag, wird nun generell geschaut, welche Wetterausschreitungen es in der Region gab. Das wird sicherlich zu differenzierteren Beiträgen führen.

Sie sprachen von einer zusätzlichen Absicherung bei Glasbruch, aber ist Glasbruch nicht sowieso mitversichert?
Heine: Nein, nicht zwangsläufig. Entsteht ein Glasbruch durch eine der versicherten Gefahren, dann natürlich. Bei der zusätzlichen Glasbruchversicherung handelt es sich jedoch um eine Allgefahrendeckung, was bedeutet, dass die Glasscheiben ungeachtet der Schadensursache erstattet werden.

Welche Glasscheiben sind versichert?
Heine: Man unterscheidet zwischen zwei Möglichkeiten. Entweder es gilt die gesamte Verglasung eines Gebäudes als versichert, seien es Türen, Fenster oder auch festverbaute Glaselemente oder, wie häufig in vermieteten Objekten üblich, die Glasflächen des allgemeinen Gebrauches, also sämtliche Glasflächen, die keiner Mieteinheit zugeordnet werden können, wie Treppenhausfenster und Hauseingangstüren.

Was versteht man unter dem Begriff „unbenannte Gefahren“?
Heine: Diese Deckungserweiterung ist besonders interessant, da jedes Schadenereignis abgesichert ist, welches in den Versicherungsbedingungen weder ausdrücklich benannt noch ausgeschlossen ist.

Das heißt, jeglicher Schaden an einer Immobilie ist damit versichert?
Heine: Prinzipiell ist jeder Schaden versichert, der unvorhergesehen und plötzlich passiert. Allerdings muss man dazu sagen, dass eine schlechte Unterhaltung eines Gebäudes und z. B. dadurch entstehender Schimmel natürlich nicht versichert werden kann.

Können Sie ein Schadenbeispiel nennen?
Heine: Überspitzt kann man sagen, alles was man sich so vorstellen kann – von dem auf dem Haus landenden Ufo bis hin zum getriebenen Rind, welches beim Vorbeilaufen die Fassade beschädigt. Ein realistischer Schaden könnte sich aber wie folgt ereignen: Von einer neben dem Gebäude stehenden Eiche fallen nach einer längeren Trockenperiode bei schon leichterem Wind Äste herab und beschädigen Teile des Daches.

Gibt es denn auch hier Ausschlüsse in den Versicherungsbedingungen?
Heine: Ja, Ausschlüsse sind z. B. Krieg, Vorsatz und Kernenergie.

Für welche Zielgruppe ist diese zusätzliche Deckungserweiterung interessant?
Heine: Diese Erweiterung des Versicherungsschutzes ist der letzte Schliff am Versicherungsschutz. Ob ein möglichst hochwertiger Versicherungsschutz wichtig ist, kann natürlich jeder Hausbesitzer selbst entscheiden. Die Deckungserweiterung hat ihren Preis. Aus diesem Grund ist sie bei privat genutzten Einfamilienhäusern eher im hochwertigen Bereich üblich. Anders verhält es sich bei gewerblich genutzten Immobilien. Hier spreche ich eindeutig eine Empfehlung für den zusätzlichen Versicherungsschutz aus, insbesondere für Gewerbeimmobilien, die einem hohen Publikumsverkehr ausgesetzt sind.

Zu Beginn des Interviews sprachen Sie auch von einer Zusatzabsicherung bei Terror. Können Sie das genauer erklären? Was ist damit gemeint?
Heine: Gerade aufgrund der unkalkulierbaren Risiken, die von Terroranschlägen ausgehen, kann eine zusätzliche Absicherung der eigenen Immobilie sinnvoll sein. Als besonders gefährdet gelten z. B. Gebäude mit Symbolcharakter oder Gebäude, in denen sich regelmäßig eine große Anzahl von Menschen aufhält. Aber auch die unmittelbare Nachbarschaft zählt dazu. Liegen konkrete Umstände vor, die das Risiko eines Gebäudeschadens durch einen terroristischen Anschlag begründen, können die Kosten für eine Terrorversicherung (laut einem Urt. d. BGH v. 13.10.2010) auch auf die Mieter umgelegt werden.

Und welche Rolle spielt dabei der Gebäudewert?
Heine: In der Regel beinhalten Gebäudeversicherungen für Immobilien mit einem Ver­sicherungswert unter 10 Mio. Euro eine automatische Absicherung von Schäden durch Terroranschläge. Gebäude mit einem Wert von über 10 Mio. Euro bedürfen einer zusätzlichen Terrorismus-Deckung, die bei vorheriger Beantragung als Zusatzeinschluss innerhalb der Gebäudeversicherung abgebildet werden kann. Nur Gebäude mit einem größeren Wert als 25 Mio. Euro benötigen zur Absicherung der terroristischen Risiken sogar einen separaten Versicherungsvertrag bei einem Spezialversicherer. Zur Berechnung der Versicherungssumme sollte neben dem zugrunde gelegten Gebäudewert auch die vereinbarte Versicherungssumme für die Mietverlustversicherung miteingerechnet werden.

Frau Heine, was ist Ihr Fazit zum Ende des Interviews?
Heine: In unserer täglichen Praxis geben wir Immobilienbesitzern gerne folgende Hinweise:

  1. Lassen Sie die bestehende Gebäudeversicherung auf Aktualität überprüfen. Gerade in älteren Verträgen haben wir oft die Problematik, dass die Kostenpositionen, für z. B. Aufräum- und Entsorgungskosten, viel zu gering versichert sind.
  2. Sprechen Sie mit Ihrem Versicherungsberater über zusätzliche Deckungskonzepte. Man muss klar sagen, dass nicht jeder Extra-­Baustein für jede Immobilie Sinn macht. Unsere Aufgabe ist es, den Eigentümern auf­zuzeigen, mit welcher Leistung Sie im Schadenfall rechnen können, um keine unerwar-
    tete böse Überraschung erleben zu müssen.

Interview: Carolin Behrla

Bild: Fotolia/Neyro

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