Artikel erschienen am 01.06.2011
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Die Stiftung als Instrument der Unternehmensnachfolge

Von Dr. iur. Jörg-Rainer Hens, LL.M., Braunschweig | Dr. iur. Dirk Beddies, Braunschweig

Die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen ist in Deutschland in den letzten Jahren rasant gestiegen. Jährlich werden ca. 900 neue Stiftungen errichtet. Bald wird es 20 000 rechtsfähige Stiftungen geben. Darunter sind auch eine Reihe von – z. T. sehr bedeutsamen – unternehmensverbundenen Stiftungen, wie z. B. die Bertelsmann Stiftung oder die Lidl Stiftung.

I. Rechtliche Grundlagen

Die Stiftung ist eine juristische Person wie die Aktiengesellschaft oder die GmbH. Anders als eine Aktiengesellschaft, eine GmbH oder ein Verein hat die Stiftung aber keine Aktionäre, Gesellschafter oder Mitglieder. Sie gehört sich vielmehr „selbst". Dieses Fehlen von Eigentümern (Aktionären, Gesellschaftern, Mitgliedern) ist der Grund, warum Stiftungen einer staatlichen Aufsicht unterliegen, die jeweils landesgesetzlich geregelt ist.

Erhebliche rechtliche und steuerliche Auswirkungen hat die jeweilige Zweckrichtung einer Stiftung:

1. Der Zweck der gemeinnützigen (steuerbegünstigten) Stiftung besteht darin, die Allgemeinheit – z. B. durch Verfolgung sozialer Zwecke oder die Förderung von Kunst und Kultur – zu fördern. Sie ist steuerbegünstigt und unterliegt uneingeschränkt der staatlichen Aufsicht.

2. Der Zweck der Familienstiftung besteht in der Unterstützung einer Familie oder einzelner Familienangehöriger (z. B. Finanzierung einer Ausbildung oder Unterhalt im Alter). Familienstiftungen genießen im Gegensatz zu gemeinnützigen Stiftungen nicht das Privileg der Steuerbefreiung auf dem Gebiet der Schenkung- und Erbschaftsteuer. Die Staatsaufsicht beschränkt sich in Niedersachsen nach § 10 Abs. 2 NStiftG im Wesentlichen darauf, dass die Betätigung der Familienstiftung dem Gemeinwohl nicht zuwiderläuft.

II. Vorteile der Unternehmensnachfolge mittels Stiftung

Gerade mittelständischen Unternehmern ist daran gelegen, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern und die finanziellen Belastungen bei dem Übergang des Unternehmens auf die nächste Generation durch Abfindung weichender Geschwister und / oder Steuern möglichst gering zu halten. Häufig ist ein Großteil des Familienvermögens im Unternehmen gebunden und das Unternehmen bildet die Existenzgrundlage der Familie.

Die Vorteile einer Stiftung im Unternehmensbereich sind folgende:

1. Sicherung des Unternehmensbestandes

Die Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft können den Gesellschaftsvertrag jederzeit durch Beschluss ändern. Dagegen ist eine Änderung der Stiftungssatzung nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen möglich, insbesondere sofern sie nach der Stiftungssatzung zulässig ist. Außerdem bedarf jede Satzungsänderung der Genehmigung der Stiftungsaufsicht.

2. Schutz gegen Aufteilung der Gesellschaftsanteile

Zahlreiche Erbgänge können zu einer „Atomisierung" der Gesellschaftsanteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft führen, die sich häufig negativ auf die Unternehmenskontinuität auswirken. Mit einer Stiftung schützt der Stifter das Unternehmen vor einer derartigen erbfolgebedingten Aufteilung der Gesellschaftsanteile.

3. Erhaltung des Unternehmens als Einkunftsquelle für die Angehörigen

Mit der Einbringung des Unternehmens in eine Familienstiftung kann der Stifter es dauerhaft als Einkunftsquelle für die Familie – auch für spätere Generationen – erhalten.

4. Perpetuierung des Unternehmerwillens

Die Möglichkeiten des Unternehmers, auch noch nach seinem Tod auf das Unternehmen und die personelle Besetzung der Unternehmensleitungsorgane dauerhaft Einfluss zu nehmen, sind begrenzt. Gem. § 2210 BGB endet etwa eine Dauertestamentsvollstreckung nach 30 Jahren. Im Übrigen können auch die Erben die Nachfolgeplanung des Erblassers dadurch konterkarieren, dass sie die Dauertestamentsvollstreckung im gegenseitigen Einvernehmen beenden. Dagegen kann der Stifter in der Stiftungssatzung die aus seiner Sicht tragenden Prinzipien der Unternehmensleitung dauerhaft verankern und Regeln für die Auswahl des Managements treffen.

5. Steuerliche Optimierung

Die Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung ist insbesondere für Unternehmer, die keine direkten Nachkommen haben, attraktiv, weil die Errichtung der Stiftung weder Ertrag- noch Schenkungsteuer auslöst. Damit kann das Problem des steuerbedingten Liquidationsabflusses umgangen werden.

Die gemeinnützige Stiftung ist von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, soweit die Stiftung nicht selbst einen sogenannten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Nach § 58 Nr. 5 Abgabenordnung (AO) darf die gemeinnützige Stiftung sogar bis zu einem Drittel ihrer Erträge dazu verwenden, den Stifter und seine Angehörigen angemessen zu versorgen. Allerdings endet diese Möglichkeit für die gemeinnützige Stiftung nach der Enkelgeneration.

III. Die Stiftung als Unternehmensträger

Als Unternehmensträger stehen grundsätzlich die gemeinnützige Stiftung und die Familienstiftung zur Verfügung. Beide können auch miteinander kombiniert werden („Doppelstiftungen"). Zwischen beiden ist als Mischform die gemeinnützige Stiftung mit Familienbegünstigung i. S. der Drittelregelung des § 58 Nr. 5 AO einzuordnen.

1. Gemeinnützige Unternehmensstiftungen

95 % aller Stiftungen verfolgen gemeinnützige Zwecke. Die Voraussetzung der Gemeinnützigkeit sind in den §§ 5 – 68 AO geregelt, wonach auch eine unternehmensverbundene Stiftung als steuerbegünstigt anerkannt werden kann. Sie eröffnet dem Stifter die Möglichkeit, Gesellschaftsanteile erbschaftsteuerfrei auf die Stiftung zu übertragen. Ferner hat er bei Zustiftungen in das Grundstockvermögen der Stiftung steuerlich wirksame Spendenabzugsmöglichkeiten.

Allerdings verliert der Stifter mit dem Übergang der Unternehmensbeteiligung auf die gemeinnützige Stiftung die Verfügungsgewalt über das Unternehmensvermögen. Eine steuerbegünstigte Stiftung darf ihr Vermögen und ihre Erträge grundsätzlich nur noch für steuerbegünstigte Zwecke verwenden. Eine wichtige Ausnahme bildet – wie bereits ausgeführt – die Drittelregelung nach § 58 Nr. 5 AO. Die steuerliche Begünstigung der gemeinnützigen Stiftung ist nur dann gesichert, wenn kein „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" vorliegt.

Es ist zu unterscheiden:

a) Beteiligung an Personengesellschaften

Da nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in der Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft stets die Begründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs liegt, empfiehlt sich die Umwandlung der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft.

b) Beteiligung an Kapitalgesellschaften

Die Beteiligung an einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft ist dagegen Vermögensverwaltung. Gewinnausschüttungen und Dividendenzahlungen bleiben daher steuerfrei. Allerdings bejaht der Bundesfinanzhof einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit entsprechenden negativen steuerlichen Folgen, wenn die gemeinnützige Stiftung über ihre Organe aktiv in die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft eingreift. Dagegen ist eine Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und die Ausübung des Stimmrechts steuerunschädlich.

2. Familienstiftungen

Mit einer Familienstiftung kann der Stifter die Versorgung seiner Nachkommen aus den Unternehmenserträgen dauerhaft sicherstellen, ohne den Begünstigten die Möglichkeit einzuräumen, auf die Führung des Unternehmens Einfluss zu nehmen oder auf die Unternehmenssubstanz zuzugreifen.

Die Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung ist sowohl bei ihrer Errichtung als auch bei Zustiftungen erbschaft- und schenkungsteuerpflichtig. Werden nach der Stiftungssatzung ausschließlich der Ehegatte und die Abkömmlinge des Stifters als Begünstigte benannt, ist die günstige Steuerklasse I anzuwenden. Ansonsten und für eine nachträgliche Zuwendung des Stifters gilt die – ungünstigere – Steuerklasse III.

Darüber hinaus unterliegt die inländische Familienstiftung in regelmäßigen Abständen von 30 Jahren mit ihrem am jeweiligen Stichtag vorhandenen Vermögen der Erbschaftsteuer, die wie beim Übergang des Vermögens auf zwei natürliche Personen nach Steuerklasse I berechnet wird, § 15 Abs. 2 S. 3 ErbStG.

Die Zuwendungen aus dem Vermögen der Familienstiftung führen bei den bedachten Personen zu Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliegen somit der Abgeltungsteuern von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer.

3. Doppelstiftungen

Kommt wegen der Versorgungsinteressen der Familie weder eine gemeinnützige Stiftung noch aufgrund der mit ihr verbundenen Erbschaftsteuerbelastung eine reine Familienstiftung als Lösung der Nachfolgeproblematik in Betracht, bietet sich eine Doppelstiftung an, bei der eine gemeinnützige Stiftung und eine Familienstiftung an einer oder mehreren Unternehmen beteiligt werden. Mit ihr können die Vorteile beider Stiftungstypen miteinander kombiniert werden.

IV. Fazit

Das Instrument der Stiftung bietet sich zur Gestaltung der Unternehmensnachfolge als Alternative gegenüber den Rechtsformen des Gesellschaftsrechts (GmbH & Co. KG, GmbH, AG) an. Ihr Einsatz sollte vom Unternehmer frühzeitig geplant werden. Bei der Satzungsgestaltung gilt es, einen Ausgleich zwischen der – gewünschten – Bindung an den Willen des Stifters und der erforderlichen unternehmerischen Flexibilität zu erreichen.

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