Artikel erschienen am 08.08.2023
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Alternative Zahnerhaltung mittels Depotphorese

Wann ist die Zahnerhaltung durch eine Wurzelkanalbehandlung nötig?

Von Christoph Ziegler, Helmstedt/Wolfsburg

Dringen Bakterien in das Gewebe der Zahnwurzel ein, kann eine Entzündung entstehen, die auf den Zahnnerv drückt. Dies kann zu heftigen Schmerzen führen. Im weiteren Verlauf kann die Entzündung den Kieferknochen angreifen und der Zahn sich lockern. Geht die Entzündung bis ins Weichgewebe, entsteht eine „dicke Backe“. Wandern die Bakterien weiter, kann die permanente Entzündung zu schweren Erkrankungen im Gesamtorganismus führen. Oft ist eine Wurzelbehandlung die einzige Möglichkeit, damit der Zahn nicht gezogen werden muss. Bei erfolgreicher sogenannter „endodontischer“ Behandlung kann der Zahn noch für viele Jahre oder sogar Jahrzehnte erhalten werden. Der natürliche Zahn ist immer noch das Beste – vor allem besser als ein Implantate.

Das Zahnwurzelsystem besteht aus Hauptkanälen, die sich immer weiter bis in kleinste Mikrokanälchen verästeln. Bildlich gesehen ist es eine Art Schwammsystem. Selbst mit den an den Universitäten gelehrten Techniken lassen sich diese kleinsten Verästelungen rein mechanisch nicht vollständig behandeln.

Konventionelle Wurzelkanalbehandlung

Die konventionelle Wurzelkanalbehandlung läuft oft nach folgendem Schema ab. Ist der Zahnnerv noch aktiv, wird eine lokale Betäubung gesetzt. So hat der Patient während der Behandlung keine Schmerzen. Danach wird durch die Zahnkrone ein Zugang zum Zahnnerv gelegt. Bei der anschließenden Aufbereitung der Wurzelkanäle werden diese mit speziellen Instrumenten gereinigt und in der Größe aufgebohrt Die Kanäle werden mit verschiedenen desinfizierenden Lösungen gespült, um mögliche Bakterien, Viren oder auch Pilze zu beseitigen. Ist die Entzündung noch nicht weit fortgeschritten, kann der Zahn bereits mit dichtem Füllmaterial verschlossen werden. Ansonsten kann sich die Behandlung über mehrere Folgetermine erstrecken.

Alternative Zahnerhaltung mittels Depotphorese

Bei der Wurzelkanalbehandlung mittels Depotphorese wird der ganze Zahn und nicht nur der eine Hauptkanal der Wurzel behandelt. Hierzu wird die Depotphorese mit dem elektrisch leitenden Desinfektionsmittel Cupral® nach Prof. Knappwost angewandt. Mit diesem Verfahren kann eine dauerhafte Sterilität im gesamten verzweigten Wurzelkanalsystem erreicht werden. Es können sogar Zähne mit chronischen Entzündungen, unvollständigen Wurzelfüllungen oder teil- oder nicht zugänglichen Kanälen schonend und erfolgreich behandelt werden.

Ablauf der Depotphorese

Bei der Depotphorese wird wie bei der konventionellen Wurzelkanalbehandlung ebenfalls ein Zugang zum Zahnnerv gelegt. Der Kanal wird, wenn überhaupt, nur minimal mechanisch aufbereitet. Eine vollständige mechanische Aufbereitung wie bei der Standard-Methode, mit der damit einhergehenden Schwächung des Wurzelapparates und späterer Abfüllung, ist nicht erforderlich.

Als nächstes wird das elektrisch leitende Desinfektionsmittel (Cupral®: Kupfercalziumhydroxid) eingebracht. Über eine Nadelelektrode und eine weitere Elektrode wird ein elektrisches Feld aufgebaut. Durch den Stromfluss in Richtung Wurzelspitze können auch kleinste verzweigte Seitenkanäle erreicht und entkeimt werden. Dadurch kann es zu einer permanenten Sterilität im Wurzelkanal und zur Ausheilung kommen. Der die Wurzelspitze umgebende Knochen wird nicht weiter durch Bakterien angegriffen. Deshalb sind in der Regel keine Medikamente, wie z. B. Antibiotika, nötig. Hierbei sind Neuinfektionen so gut wie ausgeschlossen, da das Wurzelsystem mit Cu-
pral von vornherein steril gemacht wird.

Vorteile der Depotphorese:

Keine aufwendige Aufbereitung und damit Schwächung der Wurzel im Kanalsystem.
Die Behandlung beschränkt sich nicht nur auf den Hauptkanal, sondern berücksichtigt das gesamte Kanalsystem.
Durch Cupral kann vollständige Sterilität erreicht werden.
Kein chirurgischer Eingriff nötig.
Keine Röntgenbilder zur Protokollierung der Kassenrichtlinie nötig.
Implantatvermeidung, der natürliche Zahn ist der Beste und bleibt im Kiefer erhalten.
Zähne können erhalten werden, welche als konventionell nicht mehr therapierbar zählen.
Schmerzfreie und sichere Behandlung.

Nachteile:

Keine bekannte oder gängige Methode der Zahnärzte.
Reine Privatleistung, oft auch von Zusatzversicherung nicht immer im Leistungskatalog abgedeckt.  
Zeitaufwand: in der Regel 3-4 Behandlungstermine nötig.

Physiologie:

Der Schlüssel der Sterilisation: das Kupfercalziumhydroxid (Cupral), welches bakterizid, fungizid und zugleich viruzid wirkt. Dieses Mittel wird durch das schwache elektrische Feld in alle noch so schwer zugänglichen Bereiche des Wurzelsystems geleitet.

Der Transport des Kupfercalziumhydoxids erfolgt aus physikalisch-chemischen Gründen. Die Kupferionen folgen dem Stromfluss zur Gegenelektrode. Cupral ist eine stark alkalische Paste (Ph>12,4) auf Calziumhydroxidbasis. Neben der daraus resultierenden alkalischen Proteolyse von Keimen, führt die Kupferdotierung außerdem zur Auflösung der Sporenwände und zum Entzug des Schwefels aus den Aminosäuren der Keime. Kupfer-
ionen induzieren die Erzeugung von reaktiven Sauerstoffspezies, die zu weiteren Zellschäden führen und damit zur Zerstörung der Bakterien. Diese Wirkungsweise ist der Grund, warum keine Resistenzen entstehen.

Bei der Depotphorese-Behandlung kommen über mehrere Wochen etwa 2-3 mg Kupfer zum Einsatz. Dieses verbleibt im Wurzelsystem und wird nur am Apex (Wurzelspitze) bzw. den Seitenkanälen über einen längeren Zeitraum in ganz geringem Maße abgegeben. An der Wurzelspitze wird durch die
Kupferionen eine Reossifikation eingeleitet.

Kupfer in der Medizin und im Körper

Seit der Antike ist die antibakterielle Wirkung von Kupfer bereits bekannt. Die alten Griechen haben Wunden mit Kupfer abgerieben. Es wurden sogar Operationsbestecke aus Kupfer gefunden. Heute bestehen die Türklinken, wie z.B in Kliniken, aus Kupfer. Tests haben gezeigt, das 99,9% aller infektiösen Bakterien eliminiert wurden, sogar die sogenannten multiresistenten Keime (MRSA).

Als Spurenelement ist Kupfer essenziell für den menschlichen Körper. Es wird bei der Herstellung der roten Blutkörperchen sowie der Pigmente, für die Stärkung des Immunsystems, für die Wundheilung und die Eisenaufnahme benötigt. Kupfer ist aber auch für den Aufbau verschiedener Gewebe von Bedeutung. Ein Erwachsener sollte täglich 1 - 1,5 mg Kupfer über die Nahrung aufnehmen. Üblicherweise werden sogar
2,5 mg täglich über die Nahrung aufgenommen. Der Überschuss ist bis 5 mg täglich unbedenklich.

Persönliche Erfahrungen:

Die Depotphorese nach Prof. Knappwost wird in dieser Praxis seit über 25 Jahren angewandt. Es liegen mehr als 600 nachweisbare Fälle, allein in den letzten 10 Jahre vor, in denen diese Methode, ohne auch nur ansatzweise die Wurzel von innen zu schwächen, bestens zur Erhaltung der Zähne beigetragen hat.

Auch vorbehandelte Zähne, die nach Lehrmeinung extraktionsreif waren, sind nach meiner Erfahrung noch erhaltungsfähig und heilen aus. Bis heute erfreuen sich unzählige Patienten über ihre behandelten Zähne, die ohne die Depotphorese-Behandlung nicht mehr vorhanden wären.

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Warum und wieso?

Wenn schädigende Einflüsse wie z. B. Karies zum Absterben von Zähnen führen, können Bakterien über den Innenraum des Zahns über die Wurzel hinaus auch in den Kiefer gelangen. Zumeist werden diese Entzündungen durch eine Wurzelbehandlung (sog. endodontische Behandlung) geheilt, bei der das entzündete Gewebe entfernt, der Innenraum des Zahnes gereinigt und desinfiziert sowie der verbleibende Hohlraum gefüllt wird.

Braunschweig 2014 | PD Dr. med. Dr. med. Eduard Keese, Braunschweig