Artikel erschienen am 08.08.2023
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Managen Sie nur Ihre Zeit, oder auch Ihre Energie?

Wie wir Stress und Krisen besser begegnen und mit unserer Energie richtig haushalten

Von Alexander Gundlach, Braunschweig

Wie begegnen insbesondere Menschen in Führungspositionen dieser zunehmenden Dynamik und den immer neuen Herausforderungen, um sowohl beruflich als auch privat in Ihrer körperlichen, geistigen sowie emotionalen Balance zu bleiben?

Rote Zahlen in der Energiebilanz


Bei der Verbesserung unserer persönlichen Energiebilanz geht es nicht um die Optimierung des hauseigenen Warm-Wasser-Zählers oder der Strom-Uhr. Es geht um das subjektive, innere Wohlbefinden, das Gefühl von Energie in einem selbst. Die Beantwortung folgender Fragen können über unseren aktuellen Grad an Energie Auskunft geben:

Wann habe Ich das letzte Mal von Herzen gelacht?

Wann habe Ich das letzte Mal zwei Treppenstufen auf einmal genommen?

Wann bin Ich das letzte Mal so richtig erholt morgens aufgewacht?

Wann habe Ich mich das letzte Mal am Morgen auf meinen Tag gefreut?
Wann habe ich das letzte Mal meiner/m MitarbeiterIn aufmerksam zugehört?

Kürzlich beschrieb mir ein Manager seine Lebenssituation wie folgt: „Ich habe einen super Job, eine tolle Familie, ein schönes Haus mit einem traumhaften Garten, ich verdiene viel Geld – und trotzdem macht mir nichts mehr Freude. Ich bin einfach fertig.“ Wer so spricht, steckt möglicherweise in oder kurz vor jener fundamentalen Krise, die seit einigen Jahren als „Burnout“ bekannt geworden ist: Müdigkeit, Antriebsarmut, Schlaflosigkeit, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche und depressive Verstimmungen – all das sind klare Signale. Aber auch körperliche Symptome wie Spannungskopfschmerzen, Rückenprobleme, Reizmagen oder Bluthochdruck können auf eine übermäßige Belastung hinweisen. Dabei ist Burnout schon lange keine Managerkrankheit mehr: Laut einer Umfrage des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts Düsseldorf, leiden Mitarbeiter aller Arbeitsebenen in 84 Prozent aller Unternehmen unter hohem Zeit- und Leistungsdruck. Nach Schätzungen der Krankenkassen fühlen sich fast 30 Prozent der Deutschen ausgebrannt. Die Zahl der Fehlzeiten von Arbeitnehmern mit psychischen Erkrankungen ist seit 1994 um 88 Prozent gestiegen. Inzwischen kosten Burnout-Fälle die deutsche Wirtschaft jährlich 43 Milliarden Euro, psychische Erkrankungen sind schon jetzt die häufigste Ursache von Frühverrentungen.

Energieräuber Stress

Woran liegt es, dass diese Krankheit unsere Gesellschaft so im Griff hat? Der vielleicht entscheidendste Grund dafür ist sicherlich einer der größten Energieräuber unserer heutigen Zeit: Stress. Ursprünglich hat die Evolution die Stressreaktion als biologische Überlebensstrategie entworfen. Für unsere Vorfahren erwies sich der „Kampf- oder Fluchtreflex“ als existenziell notwendig. Heute, in der modernen zivilisierten Welt, setzen oft psychosoziale Konflikte den Stressreflex in Gang. Nur: In einem Verkehrsstau, in einem Terminplan ohne Pausen, oder auch in Rivalitäten mit Wettbewerbern kann weder gekämpft noch weggelaufen werden. Wenn der Körper den natürlichen Stressreflex nicht mehr „gesund“ ausleben kann, sucht er sich „ungesunde“ Wege. Laut der International Labour Organisation gilt Stress in den westlichen Industrieländern als direkte oder indirekte Ursache von 70 Prozent aller Krankheiten. Zudem kommt, dass sich unser Leben mit der technischen und vor allem digitalen Revolution in den vergangenen 20 Jahren radikaler verändert hat als in mehreren hunderten Jahren zuvor. Folgende Vergleiche illustrieren das eindrucksvoll: Die vorrangig in den westlichen Industrienationen lebenden Menschen atmen heute doppelt so schnell, wie noch vor 60 Jahren. Um die Menge an Informationen zu verarbeiten, die heute an einem Tag in unser Gehirn strömt, hatten Menschen, vor 200-250 Jahren, ca. 7 Jahre Zeit. Vor 50 Jahren besaßen nur wenige Menschen ein Telefon. Heute steckt bei fast allen ein Smartphone in der Tasche. Permanent socializen wir via Internet, E-Mail, Facebook oder Twitter – wir sind immer erreichbar. Und die Kommunikation wird zukünftig noch mehr Fahrt aufnehmen. Doch gelingt es auch unserem Gehirn und unserem Körper, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten? Verbraucht der menschliche Organismus in diesem Prozess nicht viel zu schnell seine energetischen Ressourcen? Möglicherweise. Die Folgen sind u. A., dass 1 Milliarde Menschen auf dem Globus unter Bluthochdruck und 80 % der Deutschen unter Schlafproblemen leiden. In dieser reizüberfluteten Welt, in der wir offenbar permanent >Online mit Außen< sind, überträgt sich scheinbar die gesamte Negativität, Aggressivität, Unruhe und Komplexität vom Außen in unser Inneres und beeinflusst unsere Physiologie und unseren Geist.

Resilienz
Der Begriff „Resilienz“, umgangssprachlich auch als Widerstandskraft bekannt, verdient daher in dieser Zeit besondere Aufmerksamkeit. Denn er beschreibt in einem Wort, worauf es in Veränderungsprozessen ankommt. Resilienz ist die Reaktion auf einen äußeren Reiz, wodurch sich das System wieder in sein Gleichgewicht einschwingt. Je länger dieser Prozess dauert, je mehr wir an der Situation verzagen, desto schwächer ist unsere Resilienz. Heutzutage brauchen wir Agilität, Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, ohne jedoch dabei die Stabilität in uns und in unserem Unternehmen zu verlieren. Um unsere Resilienz zu stärken, unsere persönliche Energiebilanz zu verbessern und Stück für Stück wieder in unsere Balance zu gelangen, braucht es die Integration neuer Gewohnheiten. Die Grundlage dafür ist die Entwicklung des eigenen Bewusstseins, die Verbesserung der eigenen Empfindsamkeit und ein Gespür dafür wiederzuerlangen, rechtzeitig wahrnehmen zu können, was tut mir gut und was tut mir nicht gut. Wir lernen wieder >Online mit Innen< zu sein.

Energiespendende Gewohnheiten

Wie können nun energiespendende Gewohnheiten aussehen?

1. Energiekonto vs. Bankkonto
Wann immer wir unser Bankkonto prüfen, werfen wir zugleich einen Blick auf unser Energiekonto. Denn es verhält sich mit unserem Geld genauso wie mit unserer Energie. Wenn wir fortwährend mehr ausgeben, als wir einnehmen, dann sind wir irgendwann pleite. Wenn wir permanent mehr Energie verbrauchen, als wir wieder regenerieren, sind wir irgendwann energetisch insolvent. Das bedeutet, dass uns das Leben keine Freude mehr macht.

2. Schlaf
Der Mensch ist die einzige Spezies auf der Welt, die mit Wecker aufsteht. Vor 100 Jahren haben die Menschen im Durchschnitt 9 Stunden geschlafen. Heute schlafen sie nur noch 7 Stunden. Schlaf ist das wichtigste, regenerative Instrument was unser Körper besitzt. Wir können Schlaf durch nichts ersetzen. Bei zu wenig Schlaf nimmt unsere Konzentrations- und Entscheidungsfähigkeit ab, und wir sind dünnhäutiger gegenüber unvorhergesehenen Ereignissen.

3. Bewegung – Luft – Licht
Vor 100 Jahren haben die Menschen im Schnitt noch 20 km am Tag zurückgelegt. Heute bewegt sich der Durchschnittsdeutsche gerade mal 500 m. Bewegung löst den Energiestau, den chronischer Stress erzeugt. Bewegung soll Spaß machen und idealerweise draußen stattfinden. Denn hierdurch kann das System zusätzlich von frischer Luft und Licht profitieren. Das Gehirn verbraucht am Tag 25% der gesamten Energie, und benötigt für die Bereitstellung insbesondere Sauerstoff. Licht ermöglicht die Bildung des körpereigenen Antibiotika – Vitamin D. Vitamin D gewährleistet nicht nur einen gesunden Knochen- und Mineralstoffwechsel, sondern unterstützt auch die Herzkreislauf-Funktionen sowie das eigene Immunsystem.

Für die Erhaltung von Energie und Lebensqualität sind neben quantitative auch qualitative Aspekte zu beachten. So ist es die innere, mentale Haltung zu uns, zu unseren Mitmenschen sowie zur Welt an sich, die einen enormen Einfluss darauf hat, welche Entscheidungen wir in unserem Leben treffen. Wir alle haben die Möglichkeit, uns jederzeit von der Opferrolle zu verabschieden und die Entscheidung zu treffen, optimistisch, positiv und zuversichtlich in unserem Leben zu sein. Erinnern wir uns immer wieder an die Worte Gandhis: Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.

 

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