Artikel erschienen am 04.08.2023
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StaRUG

Restrukturierung ohne Insolvenz

Von Dr. iur. Marc Ludwig, Hamburg

Unternehmen, die sich rechtzeitig – im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit – zu einer Restrukturierung entscheiden, werden mit dem StaRUG Sanierungs- und Restrukturierungsmöglichkeiten eröffnet, die bisher nur in einem Insolvenzverfahren zur Verfügung standen.

Mit Hilfe eines Restrukturierungsplans kann das Unternehmen in Eigenregie – ohne und mit gerichtlicher Hilfe – eine Neukonsolidierung erreichen, indem beispielsweise nur einzelne Gläubiger einbezogen werden oder auch, indem Restrukturierungsmaßnahmen gegen den Willen einzelner umgesetzt werden können.

Krisenfrüherkennung und Voraussetzungen

Gemäß § 1 StaRUG muss die Geschäftsführung einer haftungsbeschränkten Rechtsform (GmbH, GmbH & Co. KG, AG) fortlaufend die eigene aktuelle wirtschaftliche Entwicklung überwachen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden könnte. Das zentrale Instrument der Krisenfrüherkennung ist die Liquiditätsplanung und -überwachung. Zeichnet sich eine Krisensituation ab, muss die Geschäftsführung reagieren und geeignete Maßnahmen zum Gegensteuern ergreifen. Grundsätzlich bleibt es der Geschäftsführung überlassen, welche Mittel und Wege genutzt werden, den Ausweg aus der Krise zu schaffen. Ist jedoch einmal ein Insolvenzgrund (Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO oder die insolvenz-rechtliche Überschuldung nach § 19 InsO) eingetreten und sind die Insolvenzantragsfristen abgelaufen, sind sowohl außergerichtliche Sanierungsmittel, wie auch das StaRUG-Verfahren nicht mehr nutzbar; dann geht kein Weg an einem Insolvenzantrag vorbei.

Liegt hingegen nur eine drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO vor, ist eine Sanierung nach StaRUG grundsätzlich möglich. Der Gesetzgeber will also Geschäftsführer, die rechtzeitig auf Krisensituationen reagieren, privilegiert in der Wahl der Sanierungs-
instrumente behandeln.

Was ist möglich?

Das StaRUG schafft Werkzeuge für eine vereinfachte Restrukturierung drohend zahlungsunfähiger Unternehmen. Mit dem StaRUG wird somit die Lücke zwischen der freien außergerichtlichen Sanierung und dem Insolvenzverfahren geschlossen.

Allerdings beschränkt sich die Sanierung mittels StaRUG auf die nachhaltige Beseitigung einer finanziellen Krise, es eignet sich nicht, um strategischen, arbeitsrechtlichen oder operativen Krisensituationen zu begegnen. Das StaRUG schließt ausdrücklich solche Sanierungsoptionen aus, so sind beispielsweise Eingriffe in die Rechte von Arbeitnehmern im StaRUG-Verfahren ausgeschlossen (§ 4 StaRUG). Arbeitsrechtliche Restrukturierungsmaßnahmen können somit nicht Bestandteil eines StaRUG-Verfahrens sein. Insgesamt ist aber bei der Wahl des richtigen Restrukturierungsprozesses auf die individuelle Ausgangslage zu achten. Ein professioneller Sanierungsberater, der sämtliche Spielarten des StaRUG- und Insolvenzverfahrens kennt, kann eine entsprechende Einordnung vornehmen.

Mit dem StaRUG lassen sich somit im Grunde nur Finanzverbindlichkeiten neu strukturieren. Genügt dies zur Sanierung des Unternehmens, liegen die Vorteile eines solchen Verfahrens jedoch auf der Hand: Es erfolgt keine Veröffentlichung des Restrukturierungsvorhabens, das Unternehmen kann selbst bestimmen, welche ihrer Gläubiger in das Vorhaben einbezogen werden sollen, Sanierungsmaßnahmen können auch gegen den Willen einzelner Gläubiger durchgesetzt werden und es sind gerichtliche Sicherungsmaßnahmen möglich, wie z.B. die Beantragung eines Vollstreckungsschutzes.

Das Herzstück – der Restrukturierungsplan

Das Herzstück eines jeden StaRUG-Verfahrens ist der sog. Restrukturierungsplan. Dies ist ein nach bestimmten rechtlichen Vorgaben zu erstellender Plan, der im Kern eine Vergleichsrechnung enthält, welche die beteiligten Gläubiger davon überzeugen soll, bestimmte Einschnitte (z.B. „haircuts“) hinzunehmen oder neue (Sanierungs-)Darlehen auszugeben. In diesem Plan können zudem gesellschaftsrechtliche Verhältnisse neu geregelt werden – Gesellschaftsanteile können anderes aufgeteilt, neue Gesellschafter können hinzukommen – oder Gläubigerforderungen können in Anteile am Unternehmen umgewandelt werden.

Ähnlich wie in einem Insolvenzplan werden die beteiligten Gläubiger in Gruppen einsortiert. Taktisch richtig und rechtlich zulässig zusammengestellte Gruppen können dazu beitragen, dass die Planregelungen auch gegen das Votum einzelner Gläubiger wirksam werden.

StaRUG als „Werkzeugkasten“

Das StaRUG-Verfahren lässt sich als Werkzeugkasten beschreiben, der für viele unterschiedliche Situationen das richtige Werkzeug bereithält. So werden unterschiedliche Instrumente zur Verfügung gestellt, die innerhalb der Restrukturierung genutzt werden können. So muss die Abstimmung über den Restrukturierungsplan nicht gerichtlich stattfinden. Die Möglichkeit der gerichtlichen Einbindung besteht aber, wenn z.B. einzelnen Gläubigern der Ernst der Lage durch das Gericht nochmals „vor Augen“ geführt werden muss. Gleiches gilt für die gerichtliche Vorprüfung und ggf. auch die Bestätigung des Restrukturierungsplans.

Haftungsrisiken vermeiden und professionelle Beratung

Kommt ein StaRUG-Verfahren grundsätzlich in Frage, sollte die Geschäftsführung sich durch einen erfahrenen Berater ausführlich beraten lassen. Auch wenn das Verfahren gut umsetzbar ist und in der Praxis mittlerweile „angekommen“ und etabliert ist, steckt die Tücke im Detail. Ein erfahrener Berater wird schnell die Fallstricke identifizieren und entsprechende Handlungsoptionen aufzeigen können.

Im Ergebnis ist das StaRUG-Verfahren das ideale Instrument bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit die finanziellen Belastungen und ggf. die gesellschaftsrechtliche Struktur so neu zu strukturieren, dass eine nachhaltige Sanierung des Unternehmens erreicht werden kann.

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