Artikel erschienen am 10.05.2013
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Minimalinvasive Bauchchirurgie

Laparoskopische Operationen haben sich vielfach als Standard etabliert

Von Dr. med. Hinrich Köhler, Braunschweig

Minimalinvasive Chirurgie (MIC) bezeichnet als Oberbegriff Operationen mit kleinstem Trauma. Ziel dieser Behandlung ist eine rasche Genesung mit geringsten Beschwerden nach der Operation. Zu Beginn der 1990er-Jahre etablierte sich die minimalinvasive Gallenblasenentfernung. Seither kam es Schritt für Schritt zur Entwicklung von Instrumentarien und Techniken für die Durchführung komplexer Operationen im Bauchraum.

Gerade bei großen Operationen wurden die Vorteile der minimalinvasiven Technik immer augenfälliger. Das geringe Zugangstrauma mit nachfolgend geringeren Schmerzen führt zu einer sehr schnellen Erholung der Operierten und kaum mehr Komplikationen durch das Zugangstrauma. Des Weiteren ist oftmals die Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit deutlich schneller erreicht. Daher ist die ökonomische Bilanz bei minimalinvasiven Operationen trotz teuren Instrumentariums durch kürzere Liegezeit, weniger Komplikationen und schnelleres Wiedererreichen der Erwerbstätigkeit meist positiv.

Der Chirurg steht vor dem Patienten und operiert mit Stabinstrumenten durch OP-Hülsen von 5 oder 10 mm Durchmesser. Der Blick richtet sich während der gesamten Operation auf den Monitor.

Ein Assistent führt die Staboptik, d. h. die Kamera, und unterstützt mit einem weiteren Stabinstrument. Genäht wird, wie rechts zu sehen ist, mit Nadel und Faden.

Adipositaschirurgie

Seit durch minimalinvasive Operationstechniken ein großer Bauchschnitt nicht mehr erforderlich war, kam es weltweit zu einem enormen Anstieg der Adipositaschirurgie. Über mehrere Minischnitte kann man den Magen so verändern, dass nur noch kleine Portionen gegessen werden können und ein Sättigungsgefühl erzeugt wird. Der quälende Heißhunger ist vorbei. Eine drastische und anhaltende Gewichtsreduktion über 1 – 2 Jahre wird erreicht.

In Deutschland leiden ca. 2 % der Bevölkerung an krankhaftem Übergewicht, das heißt einem Bodymassindex über 40 kg/m². Dieses starke Übergewicht führt durch ein hohes Risiko für die Entstehung von Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebsleiden etc. zu einer drastischen Erhöhung der Sterblichkeit. Durch eine Magenverkleinerung bilden sich diese Folgeerkrankungen zurück, die Lebenserwartung und vor allem die Lebensfreude steigen nachweislich.

Neben dem Magenband, welches eine Einengung des Mageneingangs bewirkt, hat sich nicht nur in Deutschland, sondern weltweit der Magenbypass als häufigste adipositaschirurgische Operation durchgesetzt. Bei dieser Methode wird ein kleiner Vormagen gebildet, der direkt mit dem mittleren Teil des Dünndarms verbunden wird. Der größte Teil des Magens und der erste Teil des Dünndarms werden umgangen; so wird einerseits die Menge der Nahrungsaufnahme reduziert und zusätzlich kommt es zu einer Mangelverdauung. Die Nahrung wird nicht vollständig vom Körper aufgenommen. Vor allem fetthaltige Nahrung wird vermindert absorbiert. Zuckerhaltige Nahrung kann in größeren Mengen unangenehme Empfindungen wie Schweißausbruch und Übelkeit auslösen. Durch den Magenbypass wird das Übergewicht stark reduziert. Bereits nach einer kleinen Mahlzeit tritt ein ausgeprägtes Sättigungsgefühl ein. Durchschnittlich ist in den ersten zwei Jahren mit einem Gewichtsverlust von 70 % des Übergewichts zu rechnen. Danach stabilisiert sich das Gewicht. Ein Nebeneffekt dieser Operation ist, dass sich Diabetes mellitus sowie Bluthochdruck und Schlafapnoe-Syndrom sehr schnell vollständig zurückbilden. Insulin ist nach einer solchen Operation in der Regel nicht mehr erforderlich. Eine weitere Operationsmethode, die Schlauchmagenbildung, hat sich in den letzten Jahren entwickelt. Auch hierbei kommt es zu einer drastischen Gewichtsreduktion. Der Gewichtsverlust erscheint bei dieser Operation nahezu genauso effektiv wie nach einer Magenbypass-Anlage.

Fundoplikatio-Operation gegen Sodbrennen

Sodbrennen ist die häufigste gutartige Erkrankung des oberen Verdauungstraktes. Es tritt auf, wenn der Verschluss von der Speiseröhre zum Magen nicht ausreichend funktioniert und Mageninhalt durch den erhöhten Druck in der Bauchhöhle zurück in die Speiseröhre drängt. 20 % der Bevölkerung sind davon betroffen. Oft vergehen die Beschwerden von allein oder nach Meidung von Nikotin, Alkohol und Kaffee sowie späten Mahlzeiten. Ist jedoch durch die Änderung der Lebensgewohnheiten eine Besserung nicht möglich und lässt sich auch durch Medikamente zur Neutralisierung der Magensäure keine ausreichende Linderung der Beschwerden erreichen, kann durch eine minimalinvasive Operation der Mageneingang wieder so verengt werden, dass ein Rückfluss von Mageninhalt nicht mehr auftritt.

Diese Operation nennt sich laparoskopische Fundoplikatio. Hierbei wird der obere Magenanteil zurück in die Bauchhöhle geführt, der Durchtritt durch das Zwerchfell mit Nähten auf das normale Maß eingeengt und anschließend mit der Magenwand eine Manschette um die untere Speiseröhre gelegt und mit Nähten fixiert, sodass – wie bei einem Ventil – der Rückfluss von Mageninhalt sicher unterbunden wird. Dank der kleinen Schnitte können die Patienten in den meisten Fällen zwei Tage nach der Operation das Krankenhaus verlassen.

Dickdarm- und Enddarmoperationen

Vor über 20 Jahren begann man zunächst die Blinddarmoperationen minimalinvasiv durchzuführen. Danach wurden zunehmend auch gutartige Dickdarmerkrankungen minimalinvasiv operiert. Vor allem die häufige Divertikelerkrankung, die oftmals eine Entfernung der s-förmigen Schlinge des Dickdarms erforderlich macht, wurde immer häufiger durch Minischnitte umgesetzt. Mit zunehmender Erfahrung stellte sich die Frage, ob nicht auch Patienten mit Darmkrebs mit dieser schonenden Operationsmethode behandelt werden können. Im Rahmen von Studien konnte gezeigt werden, dass es seitens der Krebserkrankung keine Nachteile für Darmkrebs- und Enddarmkrebspatienten durch minimalinvasive Operationen gibt. Im Gegenzug kommen alle Vorteile der minimalinvasiven Operationstechnik zum Tragen. Die Patienten können ohne großen Bauchschnitt sehr schnell zu normaler körperlicher Aktivität zurückkehren. Des Weiteren sind eine Darmreinigung sowie Drainagen und Schläuche kaum mehr erforderlich. Vor allem bei übergewichtigen Patienten führt die Vermeidung des großen Bauchschnittes und entsprechender Operation mittels Minischnitten zu deutlich weniger Komplikationen und schnellerer Erholung mit kürzerem Krankenhausaufenthalt.

Nicht alle Operationen lassen sich minimalinvasiv durchführen. Liegen z. B. durch zahlreiche Vor-operationen schwere Vernarbungen in der Bauchhöhle vor, kann auch weiterhin eine herkömmliche Operation über Bauchschnitt erforderlich sein. Allerdings verschiebt sich die Grenze des minimalinvasiv Machbaren durch steigende Erfahrung immer weiter.

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