Artikel erschienen am 15.05.2014
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Wenn es weh tut – und keiner weiß es

Schmerzen bei Demenz

Von Dr. med. Katja Dyga, Königslutter am Elm | Dr. med. Peter Zahon, Königslutter am Elm

Die Behandlung der Schmerzen im Alter stellt in jeglicher Hinsicht eine große Herausforderung dar. Dabei sind Schmerzen gerade im Alter keine Seltenheit. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass 40 % der Menschen über 65 Jahre, die selbstständig leben, unter Schmerzen leiden. Bei Menschen, die in einer Institution leben, erhöht sich diese Zahl nahezu auf 80 %.

Oft wird fälschlicherweise die Meinung vertreten, dass Schmerzen durch biologische Veränderungen, vor allem durch sogenannte Abnutzungserscheinungen, etwas völlig Natürliches seien, zum Alterungsprozess gehören und demnach auch nicht behandlungsbedürftig seien.

Nicht selten berichten die Betroffenen dem Hausarzt gegenüber gar nicht oder nur unzureichend über ihre Schmerzen.

Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass es einige Unterschiede zu jüngeren unter Schmerzen leidenden Menschen gibt, zum Beispiel erhöht sich die Schmerzschwelle für bestimmte Reize, wobei es zum Absinken der Schmerztoleranz für die gleichen Reize kommt. Außerdem konnte ein erhöhter Hang zu Chronifizierung der Schmerzen im Alter nachgewiesen werden.

Die ganze Situation erschwert sich deutlich bei Vorliegen einer Demenz. Dann ist nicht nur die Behandlung der Schmerzen problematisch, sondern mit fortschreitender Demenz wird durch Störungen der Kommunikation auch das Erkennen der Schmerzen erschwert. Somit stehen Angehörige und Ärzte nicht selten vor einer doppelten Herausforderung. Auch haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass Menschen mit einer Demenz deutlich seltener eine adäquate Schmerzbehandlung erhalten im Vergleich zu Menschen ohne Demenz.

Interessant bleibt die Frage, inwiefern Menschen mit einer demenziellen Beeinträchtigung ihre Schmerzen anders wahrnehmen. Hierzu haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass die Betroffenen nicht so stark mit Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck reagieren. Allerdings erleben sie auch bei chronischen Schmerzen mit demselben Schmerzmuster den Schmerz immer wieder überraschend – daher wird der Schmerz immer als neu und gleichstark belastend empfunden.

Die Frage bleibt also: Wie könnte man bei Menschen mit gestörter Kommunikationsfähigkeit – wie zum Beispiel bei einer fortgeschrittenen Demenz –Schmerzen erfassen, bewerten und adäquat behandeln? Verständlicherweise sind sprachliche Äußerungen und verschiedene Skalen, die auf Selbsteinschätzung des Patienten basieren, weniger verwertbar. Die Methode der Wahl bleiben Verfahren, die auf Beobachtung und Auswertung von Verhaltensänderungen basieren.

In Deutschland sind bisher mehr als zwölf solcher Skalen bekannt, die entwickelt bzw. übersetzt worden sind. Diese Instrumente könnten auch von Pflegekräften eingesetzt werden.

Es gibt Testverfahren, die Symptome, die im Zusammenhang zum Beispiel mit der Atmung, mit Äußerung von negativen Lauten, mit dem Gesichtsausdruck oder der sonstigen Körpersprache stehen, erfassen. Nach Erfassung, Auswertung und nach Fortführung des Einsatzes während der gesamten Schmerzbehandlung können auch Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Schmerztherapie gemacht werden.

Im Hinblick auf die Therapie ist es gerade bei älteren Menschen – und insbesondere bei Demenzkranken – wichtig, dass die Therapie ärztlich verordnet und überwacht werden sollte. Gut gemeinte Therapieversuche der Angehörigen mit zur Verfügung stehenden und frei verkäuflichen Schmerzmitteln bergen erhebliche Gefahren in sich.

Viele dieser Medikamente sind eine enorme Belastung für die Niere bzw. für die Leber, führen zu Abschwächung der Wirkung von anderen Medikamenten bzw. können ein Magengeschwür auslösen. Da sich Demenzkranke auch in Bezug auf diese Symptome durch die gestörte Kommunikationsfähigkeit schlecht mitteilen können, könnte es leicht zum Übersehen von Warnsignalen und damit zur Gesundheitsschädigung kommen.

Das Vorhandensein der Demenz muss auch bei ärztlich verordneten Schmerzmitteln berücksichtigt werden. Viele Schmerzmittel, die sonst ohne weitere Probleme zum Einsatz kommen können, könnten bei Demenz schwerwiegende Nebenwirkungen wie zum Beispiel Unruhe, Verwirrtheit oder Halluzination verursachen. Es gibt eine Reihe an Medikamenten, bei denen dieses Risiko verhältnismäßig geringer ist.

Der italienische Schriftsteller Primo Levi, der selbst große Qualen erleiden musste, stellte fest: „Wenn wir wissen, dass Schmerz und Leid gelindert werden können und wir nichts dagegen tun, dann werden wir selbst zum Quäler.“ Diese Botschaft muss uns insbesondere bei Menschen, die unter einer fortgeschrittenen Demenz leiden und sich nicht mehr adäquat mitteilen können, erreichen, wenn bereits schon ein geringer Verdacht auf eine vorhandene Schmerzsymptomatik bestünde. Eine adäquate Behandlung sollte bei jedem gewährleistet sein – unabhängig von seinen geistigen Fähigkeiten.

Die Behandlung der Schmerzen im Alter stellt in jeglicher Hinsicht eine große Herausforderung dar. Dabei sind Schmerzen gerade im Alter keine Seltenheit. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass 40 % der Menschen über 65 Jahre, die selbstständig leben, unter Schmerzen leiden. Bei Menschen, die in einer Institution leben, erhöht sich diese Zahl nahezu auf 80 %.

Oft wird fälschlicherweise die Meinung vertreten, dass Schmerzen durch biologische Veränderungen, vor allem durch sogenannte Abnutzungserscheinungen, etwas völlig Natürliches seien, zum Alterungsprozess gehören und demnach auch nicht behandlungsbedürftig seien.

Nicht selten berichten die Betroffenen dem Hausarzt gegenüber gar nicht oder nur unzureichend über ihre Schmerzen.

Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass es einige Unterschiede zu jüngeren unter Schmerzen leidenden Menschen gibt, zum Beispiel erhöht sich die Schmerzschwelle für bestimmte Reize, wobei es zum Absinken der Schmerztoleranz für die gleichen Reize kommt. Außerdem konnte ein erhöhter Hang zu Chronifizierung der Schmerzen im Alter nachgewiesen werden.

Die ganze Situation erschwert sich deutlich bei Vorliegen einer Demenz. Dann ist nicht nur die Behandlung der Schmerzen problematisch, sondern mit fortschreitender Demenz wird durch Störungen der Kommunikation auch das Erkennen der Schmerzen erschwert. Somit stehen Angehörige und Ärzte nicht selten vor einer doppelten Herausforderung. Auch haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass Menschen mit einer Demenz deutlich seltener eine adäquate Schmerzbehandlung erhalten im Vergleich zu Menschen ohne Demenz.

Interessant bleibt die Frage, inwiefern Menschen mit einer demenziellen Beeinträchtigung ihre Schmerzen anders wahrnehmen. Hierzu haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass die Betroffenen nicht so stark mit Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck reagieren. Allerdings erleben sie auch bei chronischen Schmerzen mit demselben Schmerzmuster den Schmerz immer wieder überraschend – daher wird der Schmerz immer als neu und gleichstark belastend empfunden.

Die Frage bleibt also: Wie könnte man bei Menschen mit gestörter Kommunikationsfähigkeit – wie zum Beispiel bei einer fortgeschrittenen Demenz –Schmerzen erfassen, bewerten und adäquat behandeln? Verständlicherweise sind sprachliche Äußerungen und verschiedene Skalen, die auf Selbsteinschätzung des Patienten basieren, weniger verwertbar. Die Methode der Wahl bleiben Verfahren, die auf Beobachtung und Auswertung von Verhaltensänderungen basieren.

In Deutschland sind bisher mehr als zwölf solcher Skalen bekannt, die entwickelt bzw. übersetzt worden sind. Diese Instrumente könnten auch von Pflegekräften eingesetzt werden.

Es gibt Testverfahren, die Symptome, die im Zusammenhang zum Beispiel mit der Atmung, mit Äußerung von negativen Lauten, mit dem Gesichtsausdruck oder der sonstigen Körpersprache stehen, erfassen. Nach Erfassung, Auswertung und nach Fortführung des Einsatzes während der gesamten Schmerzbehandlung können auch Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Schmerztherapie gemacht werden.

Im Hinblick auf die Therapie ist es gerade bei älteren Menschen – und insbesondere bei Demenzkranken – wichtig, dass die Therapie ärztlich verordnet und überwacht werden sollte. Gut gemeinte Therapieversuche der Angehörigen mit zur Verfügung stehenden und frei verkäuflichen Schmerzmitteln bergen erhebliche Gefahren in sich.

Viele dieser Medikamente sind eine enorme Belastung für die Niere bzw. für die Leber, führen zu Abschwächung der Wirkung von anderen Medikamenten bzw. können ein Magengeschwür auslösen. Da sich Demenzkranke auch in Bezug auf diese Symptome durch die gestörte Kommunikationsfähigkeit schlecht mitteilen können, könnte es leicht zum Übersehen von Warnsignalen und damit zur Gesundheitsschädigung kommen.

Das Vorhandensein der Demenz muss auch bei ärztlich verordneten Schmerzmitteln berücksichtigt werden. Viele Schmerzmittel, die sonst ohne weitere Probleme zum Einsatz kommen können, könnten bei Demenz schwerwiegende Nebenwirkungen wie zum Beispiel Unruhe, Verwirrtheit oder Halluzination verursachen. Es gibt eine Reihe an Medikamenten, bei denen dieses Risiko verhältnismäßig geringer ist.

Der italienische Schriftsteller Primo Levi, der selbst große Qualen erleiden musste, stellte fest: „Wenn wir wissen, dass Schmerz und Leid gelindert werden können und wir nichts dagegen tun, dann werden wir selbst zum Quäler.“ Diese Botschaft muss uns insbesondere bei Menschen, die unter einer fortgeschrittenen Demenz leiden und sich nicht mehr adäquat mitteilen können, erreichen, wenn bereits schon ein geringer Verdacht auf eine vorhandene Schmerzsymptomatik bestünde. Eine adäquate Behandlung sollte bei jedem gewährleistet sein – unabhängig von seinen geistigen Fähigkeiten.

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