Artikel erschienen am 05.06.2015
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Röntgenbilder in der Zahn-Mund-Kieferheilkunde

Von PD Dr. med. Dr. med. Eduard Keese, Braunschweig | Dr. med. Christa Siemermann-Kaminski, Braunschweig

Auf zahnärztlichem Gebiet entstehen pro Jahr mehr als 30 % aller Röntgenaufnahmen. Diese Aufnahmen führen allerdings nur zu einem Anteil von 0,2 % der effektiven Dosis in der medizinischen Diagnostik.

Auch angesichts dieser relativ geringen Belastung, die auf die kleine Fläche des Zielgebiets in der Zahnmedizin und auf die fortschreitende Digitalisierung zurückzuführen ist, sind Röntgenbilder kritisch abzuwägen und zu rechtfertigen.

Wie entstehen die Röntgenbilder?
Was zeigen sie?

Röntgenaufnahmen entstehen dadurch, dass Röntgenstrahlen einen Körper durchdringen und ein Schattenbild auf einem geeigneten Schirm, Film oder Sensor erzeugen. Die unterschiedlich dichten Gewebe absorbieren die Röntgenstrahlen unterschiedlich stark, sodass man dann eine entsprechende Abbildung erhält.

Die Auswahl des geeigneten Röntgenverfahrens erfolgt durch die sog. rechtfertigende Indikation. Das bedeutet, dass nicht nur überlegt wird, ob eine Krankheit durch das Darstellungsverfahren festgestellt werden kann, sondern sorgsam abzuwägen ist, ob nicht ähnlich geeignete Aussagen mit Verfahren geringerer oder keiner Strahlenbelastung möglich sind.

Auf folgende in der Zahnmedizin eingesetzte Röntgenaufnahmen soll im Rahmen dieses Artikels eingegangen werden:

  • Zahnfilm
  • Orthopantomogramm (OPG)
  • digitale Volumen­tomographie (DVT)

Zahnfilm

Anwendungsgebiete sind:

  • Kariesdiagnostik
  • Entzündungen am Zahnhalteapparat
  • Wurzelkanalbehandlungen
  • unfallbedingte Zahnverletzungen
  • Zysten
  • Neubildungen
  • vom Zahn ausgehende Resorptionen

Digitaler Zahnfilm mit hoher Detailauflösung

Technik

Zahnfilmröntgenaufnahmen werden von außerhalb der Mundhöhle mit einem sog.Röntgentubusgerät aufgenommen. In der Mundhöhle wird der Röntgenfilm (oder der digitale Sensor (Abb. unten) platziert, der ein kleines, aber sehr hochauflösendes Bild registriert. Der konventionelle Zahnfilm ist ein Röntgenfilm ohne Verstärkerfolie im Format 3 × 4 cm. Im Vergleich zu seinem digitalen Pendant verlangt der Zahnfilm eine höhere Strahlendosis. Eine einzelne digitale Zahnfilmröntgenaufnahme belastet mit 2,9 μSv. [1] Im Vergleich dazu sollte bewusst sein, dass diese Strahlung ein Bruchteil dessen ist, was wir Menschen im Jahr in unserer Zivilisation ohnehin erhalten. Die natürliche Strahlenexposition, der wir in Deutschland ständig ausgesetzt sind, liegt im Vergleich dazu im Mittel zwischen 2 und 3mSv pro Jahr. [2] Das entspricht etwa der Belastung, die wir durch 1 000 digitale Zahnfilmaufnahmen erhalten würden.

Orthopantomogramm (OPG)

Das Orthopantomogramm, das auch Panoramaschichtaufnahme (PSA) genannt wird, ist die am häufigsten angewandte Technik zur Herstellung von Kieferaufnahmen außerhalb der Mundhöhle. Es können Veränderungen im Bereich der Zähne, der Zahnwurzeln, des Kieferknochens und des Zahnhalteapparates besonders gut beurteilt werden. Die Aufnahmetechnik eignet sich als Übersichtsaufnahme bei nahezu allen zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen und dient daher häufig auch der Erstdiagnostik.

OPG als Übersichtsaufnahme

Technik

Die Schichtaufnahme entsteht durch die aufeinander abgestimmte halbkreisförmige Bewegung der Röntgenröhre um den Patientenkopf und der gleichzeitigen Bewegung des Bildempfängers vorbei an einer Schlitzblende (Film-Folien-System, Speicherfolie oder Sensor). Der Patient wird dabei in dem Röntgengerät positioniert und zur Vermeidung von Bewegungen auch leicht fixiert.

Die wesentliche Einschränkung des OPGs ist die Zweidimensionalität. Die Strahlenbelastung liegt etwa bei 10-20 μSv – das entspricht etwa 4 – 7 digitalen Zahnfilmen. Strahlenreduzierend wirken bei digitalen Aufnahmetechniken die ständige Weiterentwicklung der Sensoren und vor allem die Möglichkeit, Einblendungen, d. h. nur Teilaufnahmen relevanter Regionen, vorzunehmen.

Das DVT

Die 1997 in die Zahnmedizin eingeführte digitale Volumentomografie hat sich in den vergangenen 15 Jahren rasant entwickelt. Eine dreidimensionale Darstellung im Zahn-, Mund- und Kieferbereich ist für viele Fragestellungen nicht nur sinnvoll, sondern wird in bestimmten Fällen von den Fachgesellschaften gefordert. Die aktuelle Leitlinie wurde am 05.08.2013 von der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) veröffentlicht. [3]

Technik

Das DVT ermöglicht eine dreidimensionale Aufnahme von Hartgewebestrukturen. Im Gegensatz zur Computertomografie wird beim DVT ein pyramiden- oder kegelförmiges Strahlenbündel eingesetzt. Das Aufnahmesystem rotiert um den Patientenkopf wie beim OPG. Beim Umlauf werden dann innerhalb von 10–20 Sek. zwischen 200 und 600 Röntgenbilder angefertigt und über komplexe Rechenvorschriften zu einem Abbildungsvolumen rekonstruiert. Die Strahlendosis ist geräteabhängig und wird mit 50-100 µSv angegeben. [4–8] Bei geringem Aufnahmevolumen reduziert sich die Strahlendosis auf bis zu 26 µSv.

Die mittlere effektive Dosis eine Kopf-CTs liegt nach ICRP 2007 bei 847 ± 313µSv. [9]

Anwendungsgebiete

Bei Kindern und Jugendlichen wird die Notwendigkeit einer solchen Darstellung sehr streng hinterfragt, da bei Kindern ein bis zu dreifach höheres Strahlenrisiko besteht. Eine mögliche Anwendung könnte z. B. bei einer chirurgischen Entfernung überzähliger Zahnanlagen gegeben sein.

Bei Erwachsenen kann im Rahmen der Pa­rodontosebehandlung ein hochauflösendes DVT mit kleinem Volumen in speziellen Fällen notwendig sein, wenn klinische und zwei­dimensionale Röntgenbilder nicht weiterhelfen, eine Therapieentscheidung zu fällen. Ähnliches trifft für Wurzelbehandlungen zu, wenn z. B. Veränderungen an den Wurzelspitzen in zweidimensionalen Aufnahmen nicht darstellbar oder lokalisierbar sind.

DVT vom Oberkiefer links zur Diagnostik der Wurzelkanäle

Innerhalb der Prothetik können DVT-Aufnahmen dann notwendig sein, wenn zusätzliche Informationen zur Diagnostik der Pfeilerwertigkeit oder zur Visualisierung des Knochenangebotes oder zur Darstellung von Nervenaustrittspunkten benötigt werden. Eine DVT-Aufnahme kann auch zur Diagnostik von knöchernen Erkrankungen – nicht von Weichteilprozessen – des Kiefergelenks notwendig sein. Bei Weisheitszahnentfernungen ist nur dann ein DVT erforderlich, wenn zweidimensionale Aufnahmen auf eine enge Lagebeziehung auf Risikostrukturen hindeuten und der Behandler eine dreidimensionale Abklärung für die Eingriffsplanung und die Orientierung im Eingriff benötigt.

Im Bereich der Implantologie kann ein DVT dann notwendig sein, wenn in zweidimensionalen Aufnahmen die Darstellung wichtiger Strukturen unsicher erscheint und mit der 3-D-Diagnostik eine Klärung zu erwarten ist. Bei anatomischen oder pathologischen Veränderungen oder zweifelhaftem Erfolg eines Kieferaufbaus kann das DVT ebenso sinnvoll sein wie bei komplexen fachübergreifenden Therapien oder navigationsgestützter Implantologie.

DVT vom Unterkiefer mit Implantat in Nervnähe

Auch für die Abklärung von Kieferhöhlenerkrankungen oder zur Abklärung krankhafter Veränderungen oder zur Lagebestimmung von Fremdkörpern kann ein DVT eingesetzt werden, wenn die zweidimensionale Darstellung für eine Therapieentscheidung nicht ausreicht.

Literatur beim Verfasser.

Fotos: Praxis Keese/Siemermann-Kaminski, Panthermedia/Kasia Bialasiewicz

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