Artikel erschienen am 08.08.2023
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Periimplantitistherapie

Von Dr. Med. Dent. Conrad Raschke, Braunschweig | PD Dr. med. Dr. med. Eduard Keese, Braunschweig

Was ist eine Periimplantitis?

Vielen Patienten ist nicht bewusst, dass Zahnimplantate Risiken haben können. Dabei sind Zahnimplantate, die reizlos eingeheilt sind und erfolgreich mit Zahnkronen, Brücken oder Prothesen versorgt worden sind, den gleichen biologischen Prozessen in der Mundhöhle ausgesetzt wie die eigenen Zähne. So können bakterielle Beläge, Zahnstein und andere Reizfaktoren zu Entzündungen führen, die beispielsweise den Kieferknochen rund um das Implantat schädigen. Diese Problematik wird als Periimplantitis bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine fortgeschrittene Entzündung, die umgehend behandelt und kontinuierlich kontrolliert werden muss, da sonst erhebliche Knochenverluste drohen, bis das Implantat „von allein“ verloren geht. Das frühe Stadium der Entzündung bezeichnet man als periimplantäre Mukositis. Hierbei ist nur das Zahnfleisch betroffen. Diese Form der Entzündung kann nach einer Behandlung ohne Weiteres wieder abklingen. Eine Periimplantitis hingegen verursacht immer einen Knochenabbau, der bis zu einem gewissen Ausmaß heilbar ist. Sie kann, wenn sie nicht behandelt wird, zum dauerhaften Verlust des umgebenden Kieferknochens führen und eine erneute Implantatversorgung unmöglich machen.

Ursachen

Die Entstehungsweise ist mit der einer Parodontitis vergleichbar, denn auch an Zahnimplantaten oder implantatgetragenem Zahnersatz lagern sich Beläge an. Werden diese Beläge nicht gründlich und vor allem regelmäßig entfernt, kommt es zu einer Anlagerung von Bakterien am Übergang von Zahnfleisch zum Implantathals. Deshalb zählen die unzureichende Mundhygiene aber auch ein mangelhafter Zahnersatz zu den Hauptfaktoren. Mit mangelhaftem Zahnersatz sind alle Situationen gemeint, die dazu führen, dass eine Reinigung z. B. durch unzugängliche Stellen nicht möglich ist.

Folgende weitere Faktoren können eine Periimplantitis fördern:

 

  • Rauchen
  • Diabetes
  • unbehandelte Parodontitis
  • Allgemeinerkrankungen
  • Medikamente
  • Strahlentherapie, Chemotherapie
  • Hormonelle Veränderungen
  • Funktionsstörungen
  • nachteilhafte Implantatpositin
  • Bewegliches – nicht festes Zahnfleisch am Implantat
    Zement, der beim Einsetzen des Zahnersatzes in die Tiefe gelangt ist
  • Implantatbrüche und -beschädigungen

 

 

Therapie

Es gibt zwar bis heute keine allgemein akzeptierte Therapie, die vorhersehbar einen langzeitstabilen Wiederaufbau (Regeneration) von verloren gegangenem Knochen sicherstellt. Jedoch ist unbestritten, dass das wichtigste Ziel einer Periimplantitis-Therapie die erfolgreiche Entzündungsbehandlung sein muss und Voraussetzung für eine Geweberegeneration ist (Abb. 1).

Eine erfolgreiche Behandlung kann nur gelingen, wenn die Ursachen für die Entzündung beseitigt worden sind. Somit ist ein Implantaterhalt nur in solchen Fällen sinnvoll, bei denen sich die Ursache des Problems auch erfolgreich behandeln lässt.

Wenn also das Implantat selbst aufgrund seiner Bauart, seiner Dimension oder Position die Entzündung verursacht, kann ein Erhalt weder sinnvoll noch möglich sein. In solchen Fällen ist die schnellstmögliche Entfernung die beste Therapie.

Wenn dagegen die bakterielle Besiedlung des Implantats durch eine Parodontitis verursacht worden ist, konzentriert sich die Behandlung nicht nur auf das Implantat, sondern auf die Parodontitis. Kommen dann noch weitere Risiken, wie z. B. das Rauchen, hinzu, ist eine erfolgreiche Behandlung der Parodontitis nicht möglich. Es werden weitere Zahnverluste auftreten und der Erhalt des Implantats ist kritisch zu prüfen.

Falls der Zahnersatz auch bei Erhalt des Implantats erneuert werden muss, ist der Implantaterhalt ebenfalls kritisch zu prüfen. Die Behandlungsmethoden der Periimplantitis hängen auch sehr vom Ausmaß der Entzündung ab. Eine anfängliche Mukositis, z. B. in Folge einer Lockerung des Implantataufbaus, kann mit Hilfe spezieller Spüllösungen und einer professionellen Reinigung des Zahnimplantates sowie des Zahnfleisches und der Beseitigung der Lockerung sehr erfolgreich behandelt werden. Ist bereits der Kieferknochen betroffen, so kann in vielen Fällen das Implantat „gerettet“ werden. Wir gehen dabei in mehreren Phasen vor (Abb. 2).

Vorphase
Im Rahmen der Vorphase werden alle Maßnahmen eingeleitet, die für die Implantat-erhaltende Therapie notwendig sind. Wir erheben alle Befunde, die für die Behandlungsplanung relevant sind. Da wir als chirurgische Praxis nicht allgemeinzahnärztlich tätig sind, arbeiten wir gern in enger Absprache mit der Zahnarztpraxis Ihres Vertrauens zusammen. So können uns die speziellen Implantatdaten, Befunde und Röntgenbilder schon im Vorfeld zugeschickt werden, eine Vorprüfung erfolgen und ggf. erforderliche Behandlungen des Restzahnbestands abgesprochen werden.

Hauptphase

Die Behandlungen in diesem Zeitabschnitt konzentrieren sich in erster Linie auf die Beseitigung von bakteriellen Belägen auf der Implantatoberfläche.

Bei uns hat sich die Verwendung von Pulverstrahlgeräten in Kombination mit dem Laser bewährt. Ziel dabei ist es, eine Implantatoberfläche zu erzielen, die möglichst frei von Bakterien und Belag ist und damit die Voraussetzung für die Heilung des Kiefers bietet. Wir setzen dabei ein besonderes operatives Verfahren, die Granulationsgewebe-erhaltende Technik (GTPT) ein, die in einer zurückliegenden Arbeit (Günay & Staufenbiel et al., 2019) vielversprechende Ergebnisse liefern konnte. Der Knochen heilt dann in der Mehrzahl der Fälle aus der Nachbarschaft heraus.

Sollte diese Behandlung nicht zur gewünschten Knochenregenration führen oder das Knochendefizit im Vorfeld erkennbar bereits weit fortgeschritten sein, führen wir zusätzlich einen Kieferaufbau durch. Dabei setzen wir ausschließlich körpereigenen Knochen ein, den wir in der Mundhöhle, z.B. im Unterkieferwinkel, in örtlicher Betäubung gewinnen.

Erhaltungsphase

In diesem Behandlungsabschnitt kontrollieren und stellen wir sicher, dass die Behandlung erfolgreich bleibt, und prüfen, inwieweit sich der Kieferknochen im Beriech des Implantats erholt.
Fazit
Die Periimplantitistherapie ist für Behandler und Patienten mit Unsicherheiten verbunden. Eine erfolgreiche Heilung kann nur auf Grundlage von gereinigten und dekontaminierten Implantaten gelingen. Durch erfolgreiches Beseitigen der Ursache kann eine erneute Entzündung vermieden werden.

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