Wann ist eine Brustverkleinerung ratsam?
Vorteile und Risiken der Makromastie
Von Dr.Med.G Felix Brölsch, BraunschweigDer Wunsch nach einer Brustverkleinerung hatte bei ihr, wie bei den meisten Patientinnen, weniger ästhetische Gründe als das Bedürfnis, endlich beschwerdefrei leben zu können. Häufig beeinträchtigen sehr große Brüste die Frauen seit der Pubertät körperlich und psychisch.
Die Patientin ist kein Einzelfall: Für die internationale Brustgrößen-Zufriedenheitsstudie (BSSS) wurden mehr als 18 500 Frauen in 40 Ländern befragt, ob sie mit der Größe ihres Busens zufrieden seien. Rund 23 Prozent von ihnen hätten gern kleinere Brüste. Dabei wird von einer Makromastie gesprochen, wenn das Brustgewicht pro Seite 500 Gramm überschreitet. Beträgt es 1500 Gramm oder mehr, ist die Bezeichnung Gigantomastie üblich. Entscheidend ist aber, ob die Brust zu den Körperproportionen passt. Bei einer Frau von 1,65 Meter kann bereits ein Brustgewicht von 500 Gramm zu Beschwerden führen – so wie bei der 45-jährigen Patientin.
Der Symptomkomplex dieser Patientin ist typisch für die Mammahypertrophie. Insbesondere das Zervikalsyndrom (Beschwerden, die von der Halswirbelsäule ausgehen) sowie Rückenschmerzen treten häufig auf. Grund dafür sind Wirbelsäulenveränderungen bei den Frauen. Sie entstehen durch Fehlhaltungen, um das hohe Brustdrüsengewichts zu kompensieren. Häufig wird der Schultergürtel eingerollt, sodass es zu einer muskulären Dysbalance der Wirbelsäule und des Schultergürtels kommt. Die Folge sind mechanische Überlastungen wie muskuloskelettale Schmerzen. Ab einer Körbchengröße D oder größer kann das Brustgewicht sogar einen so großen Einfluss auf die Veränderungen der Wirbelsäule nehmen, dass daraus vorzeitige Abnutzungen der Bandscheiben bis hin zu Bandscheibenvorfällen resultieren können, zeigt eine Studie der Gazi Universität in Ankara.
Wie entstehen
überproportional große Brüste?
Die Ursachen für eine Makromastie sind vielfältig. In der Regel liegt eine familiäre Veranlagung zugrunde. Im Falle von Übergewicht nimmt der Fettanteil in den Brüsten zu. Auch die hormonelle Umstellung während der Pubertät kann das Wachstum bedingen, meist reguliert sich die Größe der Brüste anschließend aber wieder. Anders verhält es sich, wenn die Makromastie durch eine hormonelle Veränderung in der Menopause oder der Schwangerschaft entsteht – wobei Letzteres selten ist. Dann bilden sich die Brüste nicht wieder zurück. Für manche Frauen wird die Brust wortwörtlich zur Last: Neben den körperlichen Beeinträchtigungen schränkt der große Busen die Frauen bei Aktivitäten und Sport wie beispielsweise Joggen ein. Dadurch entstehen nicht selten psychische Beschwerden wie Angstzustände, Depression, ein geringes Selbstwertgefühl und psychosexuelle Störungen.
Können konservative Therapien helfen?
Bevor die Patientinnen dann mit dem Wunsch nach einer Mammareduktionsplastik in der Praxis vorstellig werden, haben sie meist schon einen langen Leidensweg hinter sich: Sie haben eine Psychotherapie in Anspruch genommen, waren wegen der Haltungsschmerzen beim Orthopäden, haben versucht abzunehmen oder viel Sport getrieben, um die Rückenmuskulatur zu stärken und konservative Therapien wie Physiotherapie, Massagen und Krankengymnastik in Anspruch genommen. Allerdings zeigt eine deutsche Studie der MEOCLINIC (Berlin) sowie des Florence-Nightingale-Krankenhaus (Düsseldorf), dass der konservative Ansatz aus Gewichtsreduktion, Massagen und Co. nicht zielführender ist als eine Mammareduktionsplastik, sondern für die Krankenkasse sogar teurer und die Beschwerden nicht nachhaltig lindert. Diese Erfahrung machen viele Frauen: Rund 30.000 entscheiden sich in Deutschland jährlich für eine Brustverkleinerung, eine von ihnen ist die erwähnte 45-jährige Patientin.
Wie wird eine Brustverkleinerung durchgeführt?
Für die Mammareduktionsplastik sind das Brustvolumen, aber auch die Position der Brustwarzen sowie die Elastizität des Hautmantels ausschlaggebend für die Wahl des richtigen OP-Verfahrens. Eine schonende Schnittführung hat dabei immer Priorität. Neben der standardmäßigen Verkleinerung mit dem sogenannten T-Schnitt gibt es die Straffung mit Narbenbildung nur um den Brustwarzenhof beziehungsweise in vertikaler Richtung. Die 45-jährige Patientin hatte sich nach eingehender Beratung für die L-förmige Schnittführung entschieden. Bei dieser läuft der Schnitt in der Unterbrustfalte nach außen hin, sodass die Patientin nach dem Heilungsprozess ein tiefausgeschnittenes Dekolleté tragen kann, da die Schnittführung nicht sichtbar ist. Beim Eingriff selbst wird Brustdrüsen- und Fettgewebe entnommen und die Brust anschließend neu geformt. In diesem Zuge werden auch die Brustwarzen nach oben verlegt – für ein ästhetisch natürlich schönes Resultat. Nach Absprache – beispielsweise beim Wunsch einer Gewichtsreduktion – kann die Mammareduktionsplastik mit einer Abdominoplastik (Bauchdeckenstraffung) kombiniert werden, jedoch erst nach Abschluss der Gewichtsreduktion. Der Eingriff findet unter Vollnarkose statt.
Welche Risiken birgt der Eingriff?
Viele Frauen fragen sich, ob die Brustverkleinerung eigentlich gefährlich ist. So ging es auch der 45-jährigen Patientin. An dieser Stelle kann man den Frauen die Sorge nehmen: Wie bei jedem Eingriff unter Vollnarkose gibt es zwar mögliche Risiken (beispielsweise Sensibilitätsstörungen, Infektionen oder Nachblutungen). Diese treten aber nur in Ausnahmefällen auf. Worüber Frauen mit Kinderwunsch aufgeklärt werden müssen, ist, dass durch eine Mammareduktionsplastik in seltenen Fällen die Stillfähigkeit verloren gehen kann. Daher ist es ratsam, mit dem Eingriff zu warten, bis die Kinderplanung abgeschlossen ist.
Häufige Vorteile der Brustverkleinerung
Nach der Mammareduktionsplastik ist bei vielen Frauen eine psychische und körperliche Entlastung zu beobachten. Die Schmerzen des Bewegungsapparates nehmen ab, Hautirritationen und Ekzeme der Unterbrust heilen aus, es entstehen keine neuen Einschnürungen durch das Tragen von Stütz-BHs. Die 45-jährige Patientin beispielsweise war erleichtert, dass sie sich für den Eingriff entschieden hat und beschreibt ihr Leben seitdem als lebenswert. Bei ihr war die Brustverkleinerung auf-grund von Haltungsschäden medizinisch indiziert, sodass die Krankenkasse die Kosten teilweise übernommen hatte. Ist der Eingriff dagegen ästhetisch motiviert, ist die Brustverkleinerung eine Selbstzahlerleistung.