Artikel erschienen am 21.10.2015
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Mindestlohngesetz und Dokumentation

Von André Nickel, Halle (Salle

1. Diskussionspunkt

Hauptdiskussionspunkt des am 16.08.2014 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohnes (MiLoG) ist die in § 17 MiLoG normierte, umfassende Dokumentationspflicht des Arbeitgebers.

Vor allem auch deshalb, da die nicht ordnungsgemäße Dokumentation für den Arbeitgeber nach § 21 Abs. 1 Nr. 7 MiLoG bußgeldbewehrt ist.

Hierbei gilt die Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers für den Personenkreis, der dem Geltungsbereich des MiLoG unterfällt – insbesondere Arbeitnehmer/-innen und Praktikanten und Praktikantinnen.

Zu beachten ist, dass zwar im Arbeitszeitgesetz (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG) leitende Angestellte von der Dokumentationspflicht ausgenommen sind – sich im MiLoG jedoch keine entsprechende Ausnahmeregelung findet. Es ist somit davon auszugehen, dass selbst auf leitende Angestellte das MiLoG und die Dokumentationspflichten anzuwenden sind.

Lediglich Geschäftsführer einer GmbH sind im Regelfall hiervon ausgenommen, da sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) keine Arbeitnehmer sind (vgl. BAG, Beschl. v. 15.03.2011 – Az. 10 AZB 32/10).

2. Umfang der Dokumentation

§ 17 Abs. 1 MiLoG regelt zwar die grundsätzliche Verpflichtung, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags aufzuzeichnen, nicht jedoch Umfang sowie Art und Weise der Dokumentation.

Aktuell ist mangels anderweitiger Hinweise des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und arbeitsgerichtlicher Entscheidungen davon auszugehen, dass eine Übertragung der Aufzeichnungspflicht vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer zulässig ist.

Allerdings bleibt der Arbeitgeber in der Verantwortung – sowohl was die Aufzeichnungen an sich als auch deren Richtigkeit und die Kontrolle betrifft.
Im Ergebnis obliegt dem Arbeitgeber jedenfalls eine (stichprobenartige) Kontrollpflicht der Eigenaufzeichnungen der Arbeitnehmer/-innen. Die teilweise in der Literatur vertretene Auffassung, der Arbeitgeber solle seine Vorgehensweise mit den zuständigen Kontrollbehörden abstimmen, ist praxisfern.

3. Erleichterungen der Dokumentation

Bisher existieren lediglich zwei Erleichterungen für die Arbeitgeberseite: die ab 01.08.2015 geltende Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoDokV) und die seit 01.01.2015 geltende Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (MiLoAufzV). Mit der letztgenannten Verordnung erfolgt eine Vereinfachung für Arbeitnehmer/
-innen „mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten“, die zudem keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) unterliegen und die sich ihre Arbeitszeit täglich eigenverantwortlich einteilen.

Insofern genügt der Arbeitgeber seiner Aufzeichnungspflicht, wenn hier nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet wird. Die „ausschließlich mobile Tätigkeit“ ist in § 1 Abs. 2 MiLoAufzV legaldefiniert.

Ausgenommen von der Aufzeichnungspflicht sind nach wie vor Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, „deren verstetigtes, regelmäßiges Monatsentgelt brutto 2 958 Euro überschreitet“. Aufgrund der Neuregelung in § 1 Abs. 1 Satz 3 sind nunmehr auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ausgenommen, „deren verstetigtes, regelmäßiges Monatsentgelt brutto 2 000 Euro überschreitet, wenn der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten vollen zwölf Monate nachweislich gezahlt hat“. Ebenso ausgenommen sind nunmehr gemäß § 1 Abs. 2 MiLoDokV „im Betrieb des Arbeitgebers arbeitende Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des vertretungsberechtigten Organs der juristischen Person oder eines Mitglieds eines solchen Organs oder eines vertretungsberechtigten Gesellschafters der rechtsfähigen Personengesellschaft“.

Fazit

Im Ergebnis bleibt der Arbeitgeber, mit wenigen Ausnahmen, in der Pflicht.

Eine weitere Spezifizierung seitens des Gesetzgebers zu Umfang sowie insbesondere zu Art und Weise der Dokumentationspflicht ist wünschenswert.

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