Artikel erschienen am 01.12.2011
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Unternehmens- und Vermögensnachfolge

Von Ingo Krüger, Wolfsburg

Gut beraten ist, wer sich rechtzeitig Gedanken über eine Nachfolgeregelung macht – sei es als Unternehmer hinsichtlich des Betriebes oder als Vermögender hinsichtlich des Vermögens. Während der Vermögensnachfolger in der Regel schon feststeht, muss der Unternehmensnachfolger häufig erst gefunden werden. Eine rechtzeitige Planung hilft, das Vermögen zu erhalten und Erbschaftsstreitigkeiten vorzubeugen, die nicht selten auch zu einer Katastrophe für das Unternehmen führen.

Neben den eigenen Zielen, die immer an erster Stelle stehen sollten, sind das Erb- und Familienrecht sowie das Gesellschaftsrecht und natürlich auch das Steuerrecht von besonderer Bedeutung. Alle Interessen spielen ineinander; und es wird in der Regel eine Lösung geben, die Sie Ihren Zielen sehr nahe bringt.

Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, muss die Schnittmenge aller drei Bereiche ermittelt werden, sodass Ihre Ziele sowie die recht­lichen und steuer­lichen Vorgaben insgesamt berücksichtigt werden können. Die Heraus­forderung liegt darin, im Zeitpunkt der Planung eine Strategie zu finden, die möglichst lange Bestand haben kann. Zusätzlich muss die einmal verfolgte Strategie flexibel gestaltet sein, denn sowohl die familiären, aber insbesondere auch die steuer­rechtlichen Gegebenheiten unterliegen einem schnellen Wandel.

A. Start in die Nachfolgeplanung

Sie sollten sich frühzeitig Gedanken über Ihre Ziele machen und folgende Informationen und Unterlagen zusammenstellen:

  • Vermögensaufstellung
    • unternehmerische Beteiligungen
    • Kapitalvermögen
    • Immobilien
    • Sachwerte (z. B. Sammlungen oder Kunstwerke)
    • Sonstiges
  • Prüfen Sie, welchen Bedarf Sie im Ruhestand voraussichtlich haben werden.
  • Notieren Sie zeitliche Ziele für die Vermögensübergabe, um die sich alle zehn Jahre erneuernden Freibeträge auszunutzen.
  • Halten Sie fest, wer bereits welche Vermögenswerte erhalten hat.
  • Entwerfen Sie eine mögliche Verteilung des Vermögens auf die Erben.

Empfehlenswert ist es in vielen Fällen, diese Pläne vorab mit der Familie zu besprechen.

B. Beratung für den Erfolg Ihrer Planung

Der erste Weg führt regelmäßig zum vertrauten Steuerberater oder Rechtsanwalt. Dieser muss die Lage und Notwendigkeit einer interprofessionellen Beratung erkennen und – soweit notwendig – weitere Fachkompetenz hinzuziehen, damit Sie den größtmöglichen Nutzen daraus gewinnen.

Ihre Berater können verschiedene Alternativen erarbeiten, die neben Ihren Zielen die rechtlichen und steuerlichen Belange berücksichtigen. Dabei sollte jede Planung in Ihr Leben passen und nicht allein auf eine Steuerersparnis ausgerichtet sein.

C. Herausforderungen für Unternehmer

Unternehmer sollten schon in jungen Jahren einen Notfallplan für ihren plötzlichen – z. B. unfallbedingten – Ausfall erstellen. Dieser sollte auch konkrete Ziele für den alters­bedingten Unternehmensausstieg beinhalten. Empfehlenswert ist es, spätestens mit 55 Jahren eine konkrete Nachfolgeplanung erarbeitet zu haben. Die Nachfolgeplanung ist nicht nur für den Unternehmer, sondern auch für sein Umfeld von entscheidender Bedeutung. Der Nachfolger möchte konkret planen, die Familie möchte versorgt sein, die Mitarbeiter möchten Arbeitsplatzsicherheit und die Kunden und Banken einen zuverlässigen Geschäftspartner. Daher ist es auch wichtig, das Vorhandensein einer Nachfolgeplanung zu kommunizieren.

Abstimmung verschiedener Verträge untereinander

Die Ziele des Unternehmers sind mit allen Nachfolgeregelungen in allen relevanten Verträgen – also z. B. Testamenten oder Erbverträgen, Gesellschaftsverträgen usw. – abzustimmen und in Einklang zu bringen. Zu beachten sind auch die nicht schriftlich gefassten Verträge, z. B. bei Grundstücksgemeinschaften, die eine Betriebsimmobilie vermieten. Das Finanzamt erkennt hier häufig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die durch den Tod eines Gesellschafters gesetzlich aufgelöst wird. Diese Gesell­schafts­auf­lösung kann bei Betriebs­auf­spaltungen unangenehme steuerliche Folgen haben. Auch ursprünglich sinnvolle Nach­folge­regelungen in schriftlichen Verträgen können inzwischen ungewollte Folgen haben, weil sich das Steuerrecht geändert hat oder die Regelungen nicht mehr mit den Zielen des Unternehmers in Einklang stehen.

Tücken und Besonderheiten des neuen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes

Ein Unternehmensvermögen kann nur unter ganz bestimmten Umständen steuerfrei oder nahezu steuerfrei übertragen werden. Hierzu ist z. B. die Quote zwischen Verwaltungs- und Produktivvermögen entscheidend, wobei der Anteil des Verwaltungsvermögens am Betriebsvermögen nicht größer als 50 % sein darf. Zum Verwaltungsvermögen zählt neben anderem Vermögen etwa auch die ehemalige Betriebsimmobilie, die inzwischen fremdver-mietet wird. Bei Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern hängt die Steuerbefreiung zusätzlich von der Erhaltung einer durchschnittlichen Lohnsumme über einen bestimmten Zeitraum ab. Die vielen Feinheiten des Gesetzes führen dazu, dass nur bei frühzeitiger Planung alles getan werden kann, um die größtmöglichen Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen und auf diese Weise den Erhalt des Unternehmens so einfach wie möglich zu gestalten.

Zu prüfen ist z. B. das Ausgliedern der Immobilie in ein anderes Betriebsvermögen, die Teilung oder Zusammenführung von Betrieben, eine Auslagerung zur Reduzierung des Stammpersonals und vieles mehr.

Vermeidung einer Erbauseinandersetzung

Erbstreitigkeiten können durch eine klare und eindeutige Erbeinsetzung vermieden werden. Hierzu bietet das deutsche Erbrecht zahlreiche Möglichkeiten. Der Erbvertrag z. B. ist eine sichere, aber später schwer abänderbare Möglichkeit. Ebenso verhält es sich mit notariell beurkundeten Pflichtteilverzichtsverträgen gegen Abfindungen. Wichtig bei derartigen Gestaltungen ist der Dialog mit den potenziellen Erben und deren Einwilligung in eine vorzeitige Regelung. Ist dies nicht möglich, bietet der „letzte Wille“ – also das Testament – eine jederzeit abänderbare Möglichkeit, nur einen Erben einzusetzen und diesen mit Vermächtnissen zugunsten der Enterbten zu belasten. Der Vorteil liegt darin, dass eine quotale Erbauseinandersetzung entfällt, die insbesondere bei Unter­nehmens­vermögen und auch Immobilien häufig zu unnötigen Kosten und Schwierigkeiten führt.

D. Herausforderungen für Vermögende

Im privaten Vermögensbereich gilt: Je breiter die Erbschaft gestreut wird, desto mehr steuerliche Freibeträge können genutzt werden.

Berliner Testament nicht immer empfehlenswert

Das Berliner Testament, bei dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und die Kinder erst nach dem Tod des Letztversterbenden erben, ist in Deutschland weit verbreitet. Bei vermögenden Eheleuten kann es aber zu einer vermeidbaren Belastung mit Erbschaftsteuer kommen. Hat z. B. ein Ehepaar mit zwei Kindern gemeinsam ein Vermögen von einer Mio. Euro erarbeitet, würde der überlebende Ehegatte 500 000 Euro erben, die aufgrund des Steuer­freibetrages nicht mit Erbschaftsteuer belastet wären. Allerdings ist er anschließend im Besitz von insgesamt einer Mio. Euro. Im Todesfall geht dieses Vermögen jeweils hälftig auf die Kinder über. Da die Kinder lediglich einen Freibetrag von jeweils 400 000 Euro haben, müsste jeder 100 000 Euro besteuern. Hier wäre es geschickter, die Kinder bereits beim Tod des zuerst Versterbenden als Erben oder Vermächtnis­nehmer einzusetzen, da den Kindern jeweils und im Bezug auf jeden Elternteil ein Freibetrag von 400 000 Euro zusteht. Eine Erbschafts­steuer wäre daher nicht angefallen.

Erneuerung der Freibeträge

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer-Freibeträge erneuern sich alle zehn Jahre, so dass Schenkungen zu Lebzeiten helfen, das Vermögen möglichst verlustfrei auf die nächste Generation zu übertragen. Vermächtnisse, also die explizite Zuwendung bestimmter Vermögensgegenstände an bestimmte Personen, schaffen klare Regelungen und eine individuelle Verteilung des Vermögens.

Eine Schenkung im Hinblick auf die ohnehin irgendwann eintretende Erbfolge muss sich der Beschenkte allerdings nur dann rechtssicher auf eine spätere Erbschaft oder einen Pflichtteil anrechnen lassen, wenn der Schenker dies dem Beschenkten ausdrücklich und schriftlich mitgeteilt hat. Relevanz hat dieses Vorgehen, wenn Vorabschenkungen nicht gleichmäßig zugunsten aller potenziellen Erben erfolgen. Dann haben sich die Beschenkten die Schenkung nur innerhalb eines Zehnjahreszeitraums auf die spätere Erbschaft oder den späteren Pflichtteil gesetzlich anrechnen zu lassen. Eine frühere Schenkung wird im Falle einer streitigen Erbauseinandersetzung dazu führen, dass sie ohne ausdrückliche Zweckbestimmung nicht angerechnet wird und der Beschenkte einen vollen Erb- oder Pflichtteilsanspruch hat.

E. Fazit

Eine konkrete Nachfolgeplanung ist zur Erhaltung des Lebenswerkes unerlässlich. Mit ihr sollte spätestens 15 Jahre vor Renteneintritt begonnen werden, wodurch die sich alle zehn Jahre erneuernden Freibeträge ausgenutzt werden können.

Falls Sie bereits im Besitz einer umfassenden Nachfolgeregelung sind, sollten Sie diese in regelmäßigen Abständen prüfen und im Hinblick auf die aktuellen familiären, steuerrechtlichen und rechtlichen Verhältnisse anpassen.

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